VR in der Chirurgie: Wissenschaftler wollen Bohren und Schrauben spĂĽrbar machen

Derzeit arbeiten Wissenschaftler an einer virtuellen Trainingsumgebung fĂĽr chirurgische Operationen, die haptisches Feedback liefern soll.

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Hand zeigt in Gesundheitsdatenraum

Ein Arzt ĂĽbt eine Operation (Symbolbild).

(Bild: Pop Paul-Catalin/Shutterstock.com)

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Wissenschaftler arbeiten derzeit an einer virtuellen Trainingsumgebung für chirurgische Operationen – VIRTOSHA (Autorenwerkzeug für Virtual Reality Trainingssimulationen von Osteosynthese mit haptischem Feedback und Gewebesimulation). Das haptische Feedback soll bei dem auf drei Jahre angesetzten Forschungsvorhaben eine zentrale Rolle spielen. Das geht aus einer Mitteilung der TH Köln hervor, die dafür ein KI-basiertes Simulationssystem entwickelt. An dem Projekt sind darüber hinaus auch das Universitätsklinikum Bonn (UKB), die Mindport GmbH und die Haption GmbH beteiligt.

Um Chirurgen auf Operationen vorzubereiten, kommen auch virtuelle Patienten zum Einsatz. Bei bisherigen Möglichkeiten fehlt laut TH Köln jedoch "die spürbare Rückmeldung über Finger oder Hand", das haptische Feedback. "Angehende Chirurg:innen müssen in ihrer Ausbildung erfahren, wie sich Operationen anfühlen und ihre Feinmotorik trainieren [...] Wir konzipieren dafür eine Bohr- und Schraubensimulation mit Haptik-Armen, einen Roboter mit Greifarmen, und werden die Merkmale verschiedener Gewebearten implementieren. So kann der Widerstand beim Bohren und Schrauben in den Knochen spürbar gemacht und Eingriffe realitätsgenau trainiert werden", so Kristian Welle, leitender Oberarzt am UKB.

Dabei sollen Daten echter Eingriffe – wie sich Gewebe, Implantate gegenüber den Operationswerkzeugen verhalten – erfasst und analysiert werden. Dadurch soll unter anderem auch die Kraftrückkopplung der "Haptik-Arme" optimiert werden. Ziel ist es, anschließend verschiedene Abläufe und Avatare miteinander zu verbinden, Übungen zu erstellen und die OP-Teilnehmer darauf zu trainieren, mit anderen Fachgruppen zusammenzuarbeiten.

"Mithilfe einer Software gestalten wir verschiedene Szenarien, wobei Gewebe- und Knocheneigenschaften anpassbar sind, um unterschiedliche Patient:innen zu simulieren. Eine realitätsgenaue Darstellung der Gewebe und Knochen sowie die präzise Integration der Handbewegungen sind entscheidend für das reale Empfinden in der VR-Umgebung", so Prof. Björn Krüger, Leiter der Forschungsgruppe "Personalisierte digitale Gesundheit und Telemedizin" an der Klinik für Epileptologie des UKB.

Neu an dem Ansatz ist laut Mindport-Gründer David Lähner auch, dass die Chirurgen "mittels eines integrierten Autorenwerkzeuges [...] selbst neue Inhalte erstellen und bestehende Inhalte aktualisieren können. Damit können viel mehr unterschiedliche Fälle abgedeckt werden", erklärt Lähner. Eine weitere Vision ist, dass die Operation in Zukunft an einem digitalen Zwilling des Patienten geübt werden kann. Ebenso sollen sich die Bewegungen der Hand basierend auf Sensordaten und zusätzlichen Datenquellen wie Kameras künftig besser nachvollziehen lassen.

"Alle Komponenten werden über einen Daten-Hub verbunden, der alle Prozesse und Strukturen verwaltet und als Schnittstelle des Systems dient", steht auf der Projektseite. Fortschritte des Projekts will das Team auf seiner Seite veröffentlichen. Gefördert wird das Projekt unter anderem im Rahmen des Innovationswettbewerbs Gesünder.IN.NRW mit 1,5 Millionen Euro.

Es gibt aber auch zahlreiche weitere VR-Projekte: Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Frankfurt hat beispielsweise auch die PatientZero Games GmbH 2021 zusammen mit dem Universitätsklinikum Frankfurt eine sprachgesteuerte online 3D-Trainingsumgebung für Anästhesisten entwickelt. Die Software simuliert realistische Komplikationen, die während einer Narkose auftreten können. In dieser Umgebung kann der Anästhesist eine Narkose durchführen, die Beatmung einstellen und auf mögliche Komplikationen reagieren. Das Training kann sowohl in VR als auch an einem herkömmlichen Monitor durchgeführt werden.

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Denkbar ist der Einsatz von VR auch bei der Behandlung von Magersucht, wie die Ergebnisse einer in der Fachzeitschrift "Psychotherapy and Psychosomatics" veröffentlichten Studie zeigen. Ein Team von Wissenschaftlern der Abteilung für psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tübingen und des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme hat eine VR-Umgebung entwickelt, die Menschen mit Magersucht helfen soll, ihre Angst vor der Gewichtszunahme zu reduzieren. Die Patienten können in dieser Umgebung erahnen, wie sich ein gesundes Körpergewicht anfühlt – sowohl aus der Ich-Perspektive als auch in einem virtuellen Spiegel. Die entwickelte VR-Umgebung nutzt ein digitales Körpermodell, das auf tausenden Körperscans basiert und individuell auf die jeweilige Patientin oder den Patienten abgestimmt werden kann.

(mack)