Cisco räumt GPL-Verstoß beim "iPhone" ein

Obwohl das vom Cisco-Tochterunternehmen Linksys unter dem Namen "iPhone" vertriebene WLAN-Telefon WIP300 auf Linux basiert, wurde der Source Code nicht komplett veröffentlicht.

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Armijn Hemel, neben Harald Welte der zweite Kopf der Kernmannschaft von gpl-violations.org, monierte in der vergangenen Woche, dass unter anderem die für das WLAN-Telefon WIP300 der Cisco-Tochter Linksys bereitgestellten Quelltexte unvollständig sind. Zahlreiche Hersteller nutzen Linux als Ausgangsbasis für die Firmware-Entwicklung und stellen ihre Quelltexte auch wie von der GPL (GNU General Public License) gefordert zum Download bereit. Doch nun hat Hemel festgestellt, dass das Selbstkompilieren der Firmware damit längst nicht immer reibungslos klappt. Auf den Missstand bereits im Herbst 2006 hingewiesen, habe Cisco die Source-Code-Archive bei den meisten bemängelten Produkten nachgebessert, nicht aber beim WIP300. Der Cisco-PR-Mitarbeiter John Earnhard konzediert in seinem Blog immerhin, dass man beim Zusammenstellen des WIP300-Archivs wohl etwas vergessen habe. Man werde das "isolierte Problem" beheben. Die Einhaltung von Nutzungsbedingungen bei Open-Source-Produkten nehme Cisco sehr ernst.

Nähere Angaben, um welche Komponente es sich handelt, machte Cisco auch gegenüber der c't-Redaktion nicht. Nach einem Bericht der australischen Computerworld dreht es sich unter anderem um den passenden MTD-Treiber für den verwendeten Flash-Baustein, in dem die Telefon-Firmware liegt. Selbst wenn man mit Tricks die GPL-Version übersetzt und installiert bekäme, wäre anschließend kein weiteres Update mehr möglich. Auch beim Wiedereinspielen eines originalen Firmware-Images würde man auf Probleme stoßen, die GPL-Fassung wäre damit nutzlos. Die Cisco-Tochter Linksys fällt übrigens nicht das erste Mal mit GPL-Nachlässigkeiten auf und kann sich zweifelhafter Gesellschaft erfreuen: gpl-violations.org listet unter anderem Allnet, Arp Datacon, Asus, D-Link, Edimax, Gigabyte, Longshine und TomTom als GPL-Verletzer.

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung von Lizenzverletzungen beim "iPhone" kommt Cisco unterdessen alles andere als gelegen: Derzeit streitet sich das Unternehmen mit Apple, das sein erstes Mobiltelefon ebenfalls unter dem Namen "iPhone" vermarkten will, über Markenrechte. Während Cisco geltend macht, dass man seit der Übernahme von Linksys (das wiederum den ursprünglichen Markeninhaber Infogear Technology übernommen hatte) im Besitz der Marke "iPhone" für "Computer-Hardware und -Software für integrierte Telefon-Kommunikation in computergestützten, weltweiten Informationsnetzen" sei, sieht Apple die angestrengte Klage auf dünnem Eis. Der Name werde bereits von einigen Firmen genutzt, zudem wolle Apple als erstes Unternehmen ein "iPhone"-Mobiltelefon herausbringen. Ciscos "iPhones" sind hingegen als Handhelds für Internet-Telefonie in Nahfunknetzen gedacht. (ea/c't) / (pmz)