Cloud: Europäische Kommission fordert mehr Energieeffizienz
Rechenzentren verbrauchen mehr Energie – zu viel Energie, wenn es nach einer Studie der EU geht. Verantwortlich ist vor allem der Trend zur Cloud.
Obwohl Rechenzentren in der EU immer energieeffizienter werden, steigt ihr Stromverbrauch stetig. Das sollen Politik und Wirtschaft ändern. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie “Energy-efficient Cloud Computing Technologies and Policies for an Eco-friendly Cloud Market”.
16 Monate haben das österreichische Umweltbundesamt und das Borderstep Institut an der Studie gearbeitet und nun ihren abschließenden Bericht vorgelegt. Finanziert und veröffentlicht hat die Arbeit die Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien der Europäischen Kommission.
Wachsende Cloud, wachsender Energiebedarf
Im Zentrum der Untersuchung stand das Fortschreiten der Digitalisierung und der Ausbau des Cloud Computing sowie der damit verbundene und exponentiell wachsende Energiebedarf zum Speichern, Verarbeiten und Transferieren der Daten. Denn das Wachstum der Infrastruktur hebt die Effizienzgewinne durch die Modernisierung von Hardware, Software, Rechenzentrumsinfrastruktur mehr als auf. Darüber hinaus untersucht die Studie auch die Entwicklung freiwilliger und regulatorischer politischer Instrumente und stellt Richtlinienoptionen bereit, um umweltfreundliche Cloud-Dienste sowie eine energieeffiziente Rechenzentrums- und Netzwerklandschaft zu fördern.
Der Abschlussbericht, der sich in Ăśberblick, technische Bewertung und Politikanalyse gliedert, fĂĽhrt aus, dass der Energieverbrauch von Rechenzentren in der EU inzwischen 2,7 Prozent des Gesamtstrombedarfs in der EU betrage. Waren es 2010 noch 53,9 TWh pro Jahr, stieg der Bedarf 2018 bereits auf 76,8 TWh pro Jahr an. Bis 2025 wird der Bedarf voraussichtlich um weitere 21 Prozent auf 92,6 TWh/Jahr steigen.
Besonders stark wächst der Anteil der Cloud-Rechenzentren: 2010 benötigten sie 10 Prozent des Energieverbrauchs der Rechenzentren, 2018 bereits 35 Prozent. 2015 werden es voraussichtlich 60 Prozent sein. Nord- und Westeuropa beheimatet die größten und meisten Rechenzentren und zeichnete sich damit 2018 für 82 Prozent des Energieverbrauchs von Rechenzentren verantwortlich, Tendenz steigend.
Programmierer sind gefordert
Da sich die Effizienz der Infrastruktur in den letzten Jahren deutlich verbessert hat, werden die verbleibenden Energieeffizienzpotenziale kleiner. Eine große Rolle kommt nun der energiebewussten Softwareentwicklung zu, insbesondere bei rechenintensiven Anwendungen wie Crypto Mining und KI. Auch die Datennetze sind energieeffizienter geworden, doch steigt auch hier der Gesamtenergieverbrauch aufgrund zusätzlicher Netze – insbesondere beim Mobilfunk.
Um ein schnelles Wachstum des Energieverbrauchs zu verhindern, müsse die steigende Nachfrage nach zentraler Rechenkapazität durch eine Erhöhung der Effizienzgewinne kompensiert werden. Hier ist die Politik gefragt. Dazu hat die Studie sieben zusammenfassende Empfehlungen für eine geeignete FTE-Politik (Forschung und technologischen Entwicklung) formuliert:
- Festlegung der Transparenzanforderungen und Förderung einheitlicher Indikatoren für die Energieeffizienz
- Förderung der Verwendung von Cloud-nativen Optimierungstools für Cloud Computing
- UnterstĂĽtzung technologischer Innovationen fĂĽr bestimmte Themen
- Verbesserung der Softwareeffizienz
- Nutzung des Potenzials von KMU und Förderung Cloud-Fähigkeit von KMU
- Konzentration auf die Erforschung neuer Trends
- Integration der Energieeffizienz von Cloud-Diensten in andere FTE-Programme
Darüber hinaus müsse das öffentliche Beschaffungswesen umweltfreundlicher werden und auf Grundlage einheitlicher Regelungen für die europäischen Behörden seinen Teil zur Senkung des Energiebedarfs beitragen. Die Untersuchung von Best-Practice-Beispielen für energieeffiziente Rechenzentren haben eine Vielzahl von Ansätzen zutage gefördert. Als die gängigsten Ansätze nennt die Studie:
- Effizientere KĂĽhlsysteme
- Wiederverwendung von Wärme etwa für Fernwärme
- Virtualisierung von Software, optimale Nutzung der Serverkapazität
- Energieeffiziente Genomik
- Ă–kodesign fĂĽr Infrastruktureffizienz
- Nutzung erneuerbarer Energien zur Versorgung von Rechenzentren
- Bau von Rechenzentren in Regionen mit kaltem Klima
Dagegen konnten die Autoren fĂĽr energieeffiziente Netzwerk-Dienste, DatenĂĽbertragung und Codierung lediglich vereinzelte Beispiele in der Forschung finden, die aber nie kommerzialisiert wurden. Als politische Instrumente zur Steigerung der Energieeffizienz hat die Studie folgende MaĂźnahmen identifiziert:
- Informations- und SensibilisierungsmaĂźnahmen
- MaĂźnahmen zur Verbesserung der Transparenz
- Richtlinien fĂĽr energieeffizientes Cloud Computing
- Zertifizierungssysteme
- Etiketten
- Anreize
- Standards
- Anpassungen des Rechtsrahmens
- Optionen zur Stimulierung des energieeffizienten Cloud Computing in GPP
- Sensibilisierung fĂĽr die Politik
- Maßnahmen zur Förderung von Entwicklung und Innovation
Der vollständige Abschlussbericht steht bei der Europäischen Kommission zum Download bereit. Am Dienstag hatte erst die eco Allianz ihre Studie zu energieeffizienten Rechenzentren vorgestellt.
(sun)