Combat Drone: Rheinmetall entwickelt Kampfdrohne mit multikopterartigen Waffen

Aus einer größeren Drohne will der Rüstungskonzern Rheinmetall mehrere Lenkwaffen ausstoßen, die ferngesteuert "Präzisionsschläge" durchführen können.

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(Bild: Rheinmetall (Screenshot))

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In einem mit martialischer Musik unterlegten Video hat Rheinmetall vorige Woche eine auf der Aufklärungsdrohne Luna NG basierten Drohne vorgeführt, die als Trägerdrohne für mehrere, mit Granaten bestückte Multikopter dient. Die intelligente, ferngesteuerte Munition soll feindliche Kampfmittel mit aufklären, ansteuern und zerstören sowie Gegner töten können. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern bezeichnet das verknüpfte Waffensystem als "Gamechanger zum Schutz eigener Truppen und zur Bekämpfung taktisch relevanter Ziele". Die ausstoßbaren "Nutzlasten" könnten die Mehrzweck-Drohne von einem Sensor-to-Shooter-System in ein hocheffizientes Aufklärungsmittel für Funk- und Netzwerkkommunikation verwandeln.

In dem Video zu sehen sind Quadkopter mit Sprengmitteln, die ihren Weg von einem größeren Starrflügler in der Luft etwa zu einem Funkmast und einer Scheune finden, in der gerade ein gepanzertes Fahrzeug versteckt werden soll. Als Trägersystem ist aktuell die Aufklärungsdrohne Luna NG vorgesehen. Das unbemannte Fluggerät erwarb Rheinmetall mit dem Kauf des bayerischen Herstellers EMT Penzberg für 32 Millionen Euro, der 2021 Insolvenz anmelden musste. Die Drohne hat eine Spannweite von 5,30 m und ein maximales Abfluggewicht von 100 kg. Sie kann – je nach Nutzlast – bis zu 12 Stunden in der Luft bleiben und bis zu 100 Kilometer weit fliegen.

Die passende ausstoßbare Munition entwickelt Rheinmetall in Kooperation mit der israelischen Firma Uvision unter dem Namen Hero-R. Dabei handelt es sich um sogenannte Loitering Munition, Lenkwaffen, die zunächst ohne bestimmtes Ziel gestartet werden und längere Zeit über einem anvisierten Gebiet kreisen. Ist ein lohnendes Objekt ausgemacht, wird dieses durch einen Betriebsführer am Boden per Datenlink zugewiesen und angegriffen.

Rheinmetall selbst beschreibt die Hero-Familie als ferngesteuerte Präzisionsmunition, die den Gegner verfolge, mögliche Ziele analysiere und dabei helfe, "passendes Timing, Angriffsrichtung und -winkel auszuwählen". Schließlich führten diese Waffen "einen Präzisionsschlag durch". Das Hero-System habe seine Wirksamkeit "bereits gegen eine Vielzahl verschiedener Ziele unter Beweis gestellt". Dazu gehörten Infanterie, fahrende leichte Fahrzeuge, Panzer, gegnerische Feldbefestigungen, Luftverteidigungssysteme und kritische Infrastruktur. Dies bietet gerade "vor dem Hintergrund moderner Konflikte massive Vorteile".

"Die abgeworfenen Drehflügler-Granaten sollen sich mit 70 km/h ins Ziel stürzen", berichtet die Zeitung Neues Deutschland. Ihre Verweildauer über gegnerischem Gebiet werde mit bis zu zehn Minuten angegeben. Die fliegenden Sprengköpfe seien im Vergleich zu den übrigen Modellen der Hero-Familie aber eher klein und sollten im Nahkampf etwa für Angriffe auf Schützengräben oder einzelne Trupps von Soldaten genutzt werden. Laut Videos aus dem Ukraine-Krieg ist es den dortigen Streitkräften gelungen, solche kleinen Drohnen so präzise zu steuern, dass sie aus der Luft direkt in offene Luken russischer Panzer fallen und diese weitgehend zerstören beziehungsweise betriebsunfähig machen.

Mit dem angekündigten Kampfdrohnen-System von Rheinmetall "würden erstmals auch bewaffnete Drohnen in Deutschland gebaut", schreibt die Tageszeitung Welt. Der Konzern überrasche hierzulande mit einem "einzigartigen Waffensystem".

Die Bundesregierung schrieb im September 2022 in einer Antwort auf Anfrage der Linksfraktion: "Die globale Proliferation von 'Loitering Munition', die durch vergangene und aktuelle Konflikte und Kriege forciert wird, stellt aus sicherheitspolitischer Perspektive, insbesondere auch im Hinblick auf die Bedrohungspotenziale gegenüber der Bundeswehr und den Streitkräften verbündeter Staaten, unabhängig vom Automatisierungsgrad der Systeme eine besorgniserregende Entwicklung dar." Das Bundesverteidigungsministerium verfolge gegenwärtig keine Projekte zur Beschaffung solcher smarter Waffen. Prinzipiell sollen die deutschen Streitkräfte aber ihre aus Israel bezogenen militärischen Drohnen vom Typ Heron TP bewaffnen können.

Rheinmetall arbeitete auch schon vor bald 20 Jahren auf Geheiß der Bundeswehr an "Loitering Munition". Das vorgesehene "Wirkmittel zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen" (Wabep) sollte die KZO-Aufklärungsdrohne des Konzerns mit einer Harop des israelischen Partners IAI als Kampfmittel kombinieren. Laut dem Bundeswehrplan 2009 wollte das Verteidigungsministerium zwei Wabep-Systeme mit jeweils 42 Drohnen plus Bodenstationen beschaffen. Die Bundesregierung blies das Projekt dann aber doch ab und begründete dies mit den "finanzplanerischen Rahmenbedingungen": Das System hätte erst 2019 beschafft werden können, wäre dann der Exekutive zufolge aber schon wieder technisch veraltet gewesen.

(olb)