Comdex: Eine Halle hat sie alle

Von B2B-Casemoddern über Google-Appliances bis hin zu forensischen Computern und intelligenten Schließzylindern -- die Comdex bietet einiges, wenn auch alles mittlerweile auf wenigen Ständen Platz findet.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Die Comdex 2003 findet in einer einzigen Messehalle in Las Vegas statt, wobei die Halle zu einem Drittel leer steht. Geschickt drapierte Vorhänge täuschen eine dichte Belegung vor: Wer will schon die hinter den Tüchern auf einem Gabelstapler dösenden Arbeiter nach einem Prospekt fragen? Die neuen Veranstalter werben damit, dass die Comdex geschrumpft ist, um das Thema Business-to-Business (B2B) dem Besucher umso konzentrierter bieten zu können. Eine edle Absicht -- doch was die zahlreichen taiwanischen und chinesischen Casemodder mit ihren blinkenden, transluzenten Gehäusen oder den Lüftern mit eingebauten Stroboskopen, den bunt flackernden USB-Ports mit Business zu tun haben, dürfte auch für den gutwilligsten Besucher nur schwer zu erklären sein.

Dennoch hat die Messe interessante Produkte zu bieten. die sogar in das B2B-Schema passen. Man nehme nur den Comdex-Neuling Google, eine Suchmachine, die früher einmal gute, inhaltlich passende Fundstellen aus dem Internet lieferte, heute hingegen liebend gerne in obskure Büchershops und andere Kommerzecken verlinkt. Das Original der effektiven Suchmaschine verkauft Google auf der Comdex als Hardware, als Google Search Appliance. Hinter dem Namen stehen komplett vorgefertigte Server, die ein Firmennetz in 20 Sprachen durchsuchen und indizieren können. Die firmeninterne Suche bietet Google in verschiedenen Hardware-Austattungen an. GB 1001 kann etwa 300.000 Dateien oder Dokumente indizieren und 60 Anfragen pro Minute verarbeiten, GB 8008 bringt es auf 15 Millionen Dokumente und 1000 Abfragen.

Das Internet hat seine dunklen Seiten, doch auch sie müssen durchsucht werden. Mit dem Forensic MD5/SF5000 stellte die Firma Logicube einen 3000 Dollar teuren Koffer vor, der alles enthält, was Strafverfolger brauchen, um verdächtige Festplatten mit 3 GByte pro Minute schnell und gerichtsfest zu sichern. Ein angeschlossener Drucker schreibt ein Protokoll mit, und alle gefundenden Daten werden mit MD5 authentifiziert und verschlüsselt, auf dass niemand behaupten kann, dass Beweise im Nachhinein gefälscht worden sind. Clou des Systems sind Compact-Flash-Karten, die in einen integrierten Leser gesteckt werden können und auf 32 oder 64 MByte angeblich alle bekannten Schlüsselwörter aus dem Bereich der Kinderpornographie oder des Drogenhandels enthalten. Während die Festplatte forensisch gesichert wird, kann die Suche nach Schlüsselworten zugeschaltet werden. Die Daten selbst werden unabhängig vom Betriebssystem der konfiszierten Computer im DD-Format (Data Documentation) der Strafverfolgungsbehörden gespeichert. In Deutschland sollen Berliner Kriminalisten die ersten sein, die den Koffer einsetzen.

Kommen wir zu der Frage, wie Geldtransporteure Millionenbeträge an Ort und Stelle abliefern. Hier stellte die Firma Videx ihr Cyberlock-System vor, das Lockpicker zum Verzweifeln bringen soll. Cyberlock besteht aus einem intelligenten Schließzylinder und einem Schlüssel mit Bluetooth-Kommunikation. Ist ein Geldtransport angekommen, telefoniert der Wachmann über einen mit GPS ausgestatteten iPAQ mit der Zentrale, die per GPS festellen kann, ob sich der Wachmann vor Ort befindet. Ist dies der Fall, wird ein einmal gültiger Schlüsselcode gesendet, der via Bluetooth in den Cyberlock-Schlüssel übertragen wird. Das gesamte kryptographisch abgesicherte System wurde vom Sicherheitsexperten David Chaum erfunden, der mit DigiCash vor Jahren das digitale Kleingeld anonym durchs Internet schleusen wollte. Nun sind die Banken seine besten Kunden, die nichtvirtuelles Geld ausliefern.

Beim Rundgang durch die kleine Comdex-Halle sollte noch der Versalaser erwähnt werden, ein Laserdrucker, der seinem Namen alle Ehre macht. Das System besteht aus einem starken Laser, der sich in Leder, Glas oder Acryl hineinfrisst und damit Reliefabdrucke fräsen kann. Nicht weniger als 15 Patente sind auf den Drucker/Brenner ausgestellt, der 4000 Dollar kosten soll und mit allen gängigen Programmen wie etwa Photoshop angesteuert werden kann. (Detlef Borchers) / (jk)