Copilot+-PC ausprobiert: Cool!

Viel hat Microsoft für seine Copilot+-PCs versprochen. Doch die KI-Blase ist mit dem Streichen von Recall geplatzt. Was ist mit den ARM-Versprechen?

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Aufgeklapptes Laptop mit Windows, davor ein ARM-Prozessor

(Bild: c't)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter Siering

Ich war neugierig: Bekommt Microsoft mit den neuen ARM-PCs hin, was Apple schon länger kann? Ein Fazit nach zwei Tagen: Das wirklich Bemerkenswerte an den neuen PCs ist, dass daran nichts bemerkenswert ist – sie funktionieren im Rahmen der von Microsoft gegebenen Versprechen ziemlich gut. Das 13,8-Zoll-Surface Notebook hält mit meinen typischen Redakteursanwendungen locker einen längeren Arbeitstag ohne Steckdose durch. Den Lüfter, den das Gerät haben soll, habe ich niemals auch nur zu Gehör bekommen – das kenne ich von sämtlichen anderen Windows-Geräten mit Intel- und AMD-Prozessoren in meinem Umfeld ganz anders.

Meine Anwendungen stellen allerdings auch keine großen Anforderungen an einen PC: Firefox als Browser ist nativ für ARM zu haben. WireGuard, um ins Verlagsnetz zu kommen, gibt es ebenfalls in einer ARM-Version. Meinen Leib-und-Magen-Editor Typora hat sein Entwickler auch schon als ARM-Fassung fertig. Nur die Nextcloud-Desktop-Anwendung, also der Sync-Client, ist bisher nur in einer 64-Bit-x86-Fassung zu haben (x64 genannt). Seine Integration in das ARM-Windows gelingt aber tadellos, selbst die Kontextmenüs im Explorer funktionieren, die zum Beispiel das Freigeben von Dateien aus dem Nextcloud-Verzeichnis per Link erlauben.

Von Nextcloud abgesehen läuft dauerhaft ein Microsoft-Programm noch als x64-Binärdatei (OfficeClickToRun). Beim Systemstart und -wiedererwachen sind oft kurzzeitig auch x86-Prozesse aktiv. Alle anderen Programme sind ARM-Code. Ah, Moment: Wenn ich WinWord aus dem Lieferumfang starte, dann läuft auch eine arm64ec-Anwendung, die der Taskmanager als "Arm64 (x64-kompatibel)" anzeigt. Das sind spezielle Anwendungen ("emulation compatible"), in denen Entwickler optimierten arm64- und "alten" x64-Code in einer Binärdatei ausliefern können. Sie sollen den Portierungsaufwand minimieren und trotzdem die Chance eröffnen, besondere Fähigkeiten von ARM mit Optimierungen auszuschöpfen. Erstaunlich, dass ausgerechnet Microsoft noch solche Anwendungen im Rahmen seines Office-Pakets ausliefert. Nun ja, andere sind auch nicht schneller: LibreOffice gibt es derzeit auch nur als Beta für ARM.

Die Details im Task-Manager verraten, für welche Architektur der Binärcode eines Prozesses übersetzt worden ist.

(Bild: Screenshot / ps)

Unterm Strich mag ich mit meiner Anwendungsauswahl Glück gehabt haben. Man liest vielerorts, dass VPN-Clients streiken. Der Verdacht liegt nahe, dass das daran liegt, dass sie spezielle Treiber benötigen. Die müsste der Hersteller für ARM neu übersetzen. Die in Windows 11 in Version 24H2 enthaltene Emulation, die auf ARM x86- und x64-Code ausführt, kann das nur für Anwendungscode leisten. Solche Hinweise gelten natürlich auch für sämtliche Geräte, die eigene Treiber erfordern. Gibt es keine solchen für ARM und finden sich keine passenden im Windows-Lieferumfang, wird das Gerät mit ARM-Windows nicht zusammenspielen.

Klar kann man auch eine Menge anderer Software finden, die auf den neuen ARM-Geräten nicht gescheit läuft: Spiele, zum Beispiel. Was bisher übrigens auch nicht gelingt, ARM-Versionen von Linux zu booten – der Startvorgang bricht ab, berichten Kollegen, die eine Reihe von Distributionen durchprobiert haben. Und, was kolossal nervt, die nicht deterministisch präsenten KI-Krücken: Mal ist der Copilot in der Taskleiste zu sehen, mal nicht. Der Druck auf die Copilot-Taste bringt immer nur copilot.microsoft.com auf den Schirm. Die Kollegen haben schon rausgefunden, dass sich die Taste mit den Powertoys anders belegen lässt. Ich brauche das nicht: Nach zwei Tagen Probebetrieb steige ich gern wieder auf mein MacBook Air mit M-CPU um – die Neugier ist gestillt und ARM ein Versprechen, das Microsoft aus meiner Sicht einlösen kann, wenn sie sich jetzt nicht total doof anstellen.

(ps)