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Intel Lunar Lake: "Der effizienteste x86-Prozessor aller Zeiten"

AMD und Qualcomm haben bereits CPUs, die für Notebooks mit Copilot+ taugen. Nun zieht Intel nach und verspricht lange Laufzeiten bei voller x86-Kompatibilität.

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Bild eines Lunar Lake Prozessors

Intel Core Ultra 200V: Chiplet-Prozessor und Arbeitsspeicher in einem Package

(Bild: c't / mue)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Florian Müssig
Inhaltsverzeichnis

"Der effizienteste x86-Prozessor aller Zeiten" – mit dieser starken Aussage wirbt Intel um seinen Mobilprozessor Core Ultra 200V. Die Ansage verdeutlicht aber auch, wie sehr der bisherige Platzhirsch im Notebookmarkt unter Druck steht: Seit der Jahresmitte hat Qualcomm die Bühne betreten und mit Schützenhilfe von Microsoft die Kategorie der KI-Notebooks aus dem Boden gestampft – das neue Marketing-Label Copilot+ inklusive.

Die spürbar größte Verbesserung, die Snapdragon-Notebooks mitbringen, sollen auch mit Core Ultra 200V möglich sein, nämlich signifikant längere Akkulaufzeiten. Und auch bei der Rechenleistung soll Intels Neuling ganz vorn mitspielen: Von Intel veröffentliche Benchmark-Ergebnisse – unabhängige Test waren bislang nicht möglich – zeigen mal die eine und mal die andere Plattform bei der CPU-Performance leicht vorn. Dabei gilt zu erwähnen, dass Core Ultra 200V nur acht Kerne (je vier Performance- und Effizienzkerne) ohne Hyper-Threading hat. Technische Details dazu enthüllte Intel bereits vor ein paar Monaten.

In freier Wildbahn dürfte man später sogar eine noch größere Varianz und Spanne an Performance- wie Laufzeitunterschieden antreffen als die, die Intel zeigte, weil bei diesen Betrachtungen die Rahmenbedingungen selten 1:1 vergleichbar sind: Es kommt immer auch darauf an, wie ein Notebookhersteller sein Kühlsystem auslegt und welche weiteren Komponenten im System stecken. Vor allem der Bildschirm ist eine kritische Komponente bei der Akkulaufzeit.

Laufzeitversprechen: Laut Intel schafft das kommende Dell XPS 13 mit Core Ultra 200V plusminus dieselben (und absolut betrachet extrem langen) Akkulaufzeiten wie das schon erhältliche Schwestermodell mit Qualcomms Snapdragon X Elite.

(Bild: Intel)

Intel reibt allerdings auch gezielt Salz in die Wunden der Konkurrenz. Bei Spiele-Benchmarks betonte Intel nicht nur die höhere Grafikleistung an sich, sondern auch, dass man auf Snapdragon-Notebooks überhaupt nur viel weniger Spiele zum Laufen bekommt. Und auch bei herkömmlichen Apps gebe es viele Beispiele an Anwendungen, für die man zwingend weiterhin eine x86-CPU benötigt.

Was Intel wiederum verschweigt: Neuartige KI-Funktionen, die Microsoft für die integrierten KI-Einheiten (Neural Processing Units, NPUs) vorsieht und in Windows 11 24H2 integriert, laufen derzeit ausschließlich auf Snapdragon-Chips. Hier muss also die althergebrachte x86-Welt (außer Core Ultra 200V ist auch AMDs Ryzen AI 300 betroffen) warten, bis die Softwareunterstützung nachzieht. Einen konkreten Termin, wann es so weit ist, nennt Microsoft bislang nicht; laut Intel kommt das notwendige Update im November. So oder so: Wir sprechen von Microsoft, also dem bisher wichtigsten Softwarepartner von Intel. Der Mischbegriff Wintel stand jahrelang für eine unerschütterliche Kooperation, die inzwischen deutliche Risse aufzeigt.

Schneller Kern: Die neuen P-Kerne mit Lion-Cove-Architektur soll bei Singlethread-Last ein ordentliches Plus an Performance abliefern.

(Bild: Intel)

Ein weiterer Haken: Während Core Ultra 200V zweifelsfrei volle x86-Kompatibilität und eine Copilot-taugliche NPU bietet und Intels Performanceversprechen sicherlich nicht völlig aus der Luft gegriffen sind, geht diese Ansammlung wünschenswerter Eigenschaften ins Geld.

Das liegt nicht daran, dass Intel sich die Kombi vergolden lassen würde, sondern vielmehr daran, dass der Core Ultra 200V technisch gesehen ein Sonderling ist. Er hat eine eigenständige Bauform inklusive integriertem Arbeitsspeicher. Interessierte Käufer sind davon indirekt betroffen: Notebookhersteller müssen dedizierte Mainboards entwerfen, was teuer ist, und die Entwicklungskosten werden natürlich an die Kunden durchgereicht.

Intel zelebriert die Tatsache, dass Qualcomm bei seinen Grafiktreibern noch Aufholbedarf hat, was die Unterstützung gängier PC-Spiele angeht.

(Bild: Intel)

Unter anderem bringen Acer, Asus, Dell, HP, Lenovo, LG, MSI und Samsung entsprechende Notebooks mit Core Ultra 200V auf den Markt. Bei Redaktionsschluss lagen uns bei Weitem noch nicht alle Preise, Modelle und Ausstattungsvarianten vor, doch unter den bekannten Informationen war kein Gerät dabei, welches den Startpreis von Qualcomm-bestückten Notebooks (UVP 1200 Euro, verfügbar ab gut 1000 Euro) unterboten hat – und oben hört es erst jenseits von 3000 Euro auf.

Zum Start der Core-Ultra-200V-Familie verkauft Intel neun Prozessormodelle, die sich allerdings eher in Kleinigkeiten wie den Taktfrequenzen unterscheiden. Es sind etwa allesamt Achtkerner. Zudem ist das Feld praktisch gedoppelt, weil Modelle mit 16 und 32 GByte integriertem Arbeitsspeicher eigene Modellnummern aufweisen.

Core Ultra 200V startet in neun verschiedenen Varianten.

(Bild: Intel)

Abgesehen von niedrigeren Taktraten beschneidet Intel bei Ultra-5-Modelle die GPU (7 statt 8 Kerne), aber auch die NPU: Sie besteht nur noch aus 5 statt 6 Blöcken, was dann exakt für die Copilot-Voraussetzung von 40 TOPS genügt. Höhere Prozessormodelle liefern 47 oder 48 TOPS – die Differenz spricht für leicht unterschiedliche Taktraten.

Bis auf den Core Ultra 9 288V, der mit nominell 30 Watt laufen soll, sind alle Neulinge mit 17 Watt spezifiziert. Auch wenn sie im Boost bis zu 37 Watt schlucken dürfen, ist das ein merklich geringerer Abwärmerahmen als bei Core Ultra 100 (Meteor Lake) und davor. Abgesehen vom Core-9-Modell dürfen Intels Neulinge auch mit nur 8 Watt gefahren werden, was passiv gekühlte (und damit durchgängig lautlose) Notebooks erlauben würde.

Ob solche tatsächlich kommen, ist bisher unklar. Intel gab allerdings bekannt, dass Notebooks mit Core Ultra 200V, die das hauseigene Marketing-Label Evo tragen, besonders leise arbeiten sollen. Das Vorhandensein eines Lüfters heißt also noch nicht, dass es wirklich laut wird; stattdessen ist der OEM gefragt, das Kühlsystem auf einen geringen Lärmpegel zu optimieren.

Laut Intel können Notebooks mit Core Ultra 200V ab sofort vorbestellt werden. Die Auslieferung soll ab dem 24. September erfolgen. (mue)