DRM-Interoperabilität im französischen Urheberrecht weiter abgeschwächt

Die Novellierung des französischen Urheberrechts ist in trockenen Tüchern: Ein Vermittlungsausschuss von Senat und Parlament hat unter Protesten der Opposition den Endentwurf für die französische Urheberrechtsreform festgezurrt.

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Ein Vermittlungsausschuss von Senat und Parlament hat in Paris am Donnerstag den endgültigen Entwurf für die französische Urheberrechtsreform festgezurrt. Wichtigste Änderung gegenüber den gesetzgeberischen Vorarbeiten der Nationalversammlung und des Senats ist eine weitere Abschwächung der geplanten Interoperabilitätsklausel beim digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM). Sie soll im Prinzip die Herausgabe von technischen Informationen regeln, die für das nahtlose Zusammenspiel verschiedener Systeme und Abspielgeräte erforderlich sind. Nutzern sollte es damit ursprünglich möglich sein, gekaufte digitale Werke notfalls in andere Formate übertragen und nicht nur auf proprietären Playern abspielen zu können.

Beibehalten hat das Vermittlungskomitee eine Bestimmung aus dem Entwurf des Senats, wonach sich Interessierte an den DRM-Innereien an eine neu einzurichtende, mit Vertretern der Regierung und mehrerer Interessensgruppen besetzte Kommission wenden müssen. Das Parlament hatte vorgesehen, dass Gerichte über entsprechende Begehrlichkeiten entscheiden sollten. Das hätte die Sache für Nutzer einfacher gemacht. Neu ist nun, dass Konsumenten oder Verbraucherschutzverbände nicht mehr direkt bei der geplanten Kontrollinstanz vorsprechen können. Dies soll nur noch Unternehmen und ihren Lobby-Vereinigungen gestattet sein.

Andererseits ist das Sanktionsinstrumentarium der "DRM-Regulierungsbehörde" verschärft worden. Es soll ihr möglich sein, einstweilige Verfügungen gegen die Anwender und Hersteller von Kopierschutzverfahren zu erlassen und Geldstrafen zu verhängen. Allerdings enthält die Endversion der Novelle auch weiter eine vom Senat eingefügte Hintertür für die Rechtehalter und DRM-Produzenten: So müssen Letztere ihre proprietären Verschlüsselungsformate nur dann herausrücken, wenn diese einen Zusatz zu den von Rechteinhabern gewünschten Kopierschutzmaßnahmen darstellen oder unabhängig von ihnen eingesetzt werden. Sind sich Urheber oder Verwerter dagegen etwa mit den Anbietern von Musikplattformen über den DRM-Einsatz einig, fallen die eingesetzten technischen Lösungen nicht unter die Interoperabilitätsklausel. Dies könnte auch die Verhandlungsposition der Plattenlabels stärken, die von Online-Vertriebspartnern wie Apple eine Anhebung der Songpreise fordern.

Der sozialistische Abgeordnete Christian Paul spricht nun in seinem Blog von einem abgekarteten Spiel. Gemeinsam mit anderen Oppositionspolitikern aus der Nationalversammlung und dem Senat verließ er den Vermittlungsausschuss schon nach 45 Minuten. Die aufgebrachten Volksvertreter protestierten damit nicht nur dagegen, dass ihnen die Regierung die sonst übliche erneute Aussprache über den Gesetzesentwurf unter Hinweis auf die Dringlichkeit des Verfahrens verweigerte. Sauer stieß ihnen vor allem auch auf, dass die Verhandlungsführer der konservativen Regierungsfraktion UMP zu Beginn der Runde noch einmal 55 neue, zuvor der Opposition nicht zugänglich gemachte Änderungsanträge einbrachten. Damit sei eine ernsthafte demokratische Diskussion endgültig verhindert worden. Eine der "Last Minute"-Änderungen enthält nach französischen Medienberichten eine Auflage für Internetzugangsanbieter zum Filtern des Datenverkehrs. Zumindest sollen die Provider darauf achten, dass der vermittelte Netzzugang nicht für Urheberrechtsverletzungen verwendet werden kann.

Überdies enthält der Entwurf einen seit langem umstrittenen Artikel. Ihm zufolge soll mit bis zu drei Jahren Haft und Geldstrafe von bis zu 300.000 Euro belegt werden, wer "wissentlich" und öffentlich Software verbreitet, die "offensichtlich darauf ausgerichtet ist", den unautorisierten Zugang zu geschützten Werken oder anderen Objekten zu gestatten. Open-Source-Anbieter fürchten, dass Basisprogramme aus der freien Softwarewelt unter dieses Verbot fallen.

Prinzipiell soll mit der Novelle die Umgehung von DRM-Systemen auch in Frankreich strafbar werden. Die Möglichkeiten zur Erstellung von Privatkopien oder andere Einschränkungen des Verwertungsrechts etwa zugunsten von Behinderten müssen bei digitalen Medien künftig hinter technischen Schutzmaßnahmen zurückstehen. In welchen Fällen Nutzer trotzdem ihre "Schrankenrechte" ausüben können, soll die auch über die Interoperabilität wachende Urheberrechtskommission entscheiden. Der Entwurf sieht vor, dass die Behörde die Zahl möglicher Privatkopien auf Null setzen kann. Ausgenommen sind Vervielfältigungen von TV-Sendungen, die für den nicht-kommerziellen Gebrauch gestattet bleiben.

Dazu kommt ein abgestufter Strafkatalog gegen das Filesharing geschützter Werke. Er sieht für Tauschbörsennutzer, die nicht lizenzierte Musik nur zum Eigenbedarf herunterladen, ein anfängliches Bußgeld von 38 Euro vor. Die Strafen erhöhen sich beim stärkeren Konsum geschützter Werke immer weiter. Wer Nutzer in großem Stil zum illegalen Treiben in P2P-Netzen anleitet oder Raubkopien gewerblich unters Volk bringt, muss mit einer Strafe in Höhe von bis zu 300.000 Euro und zwei Jahren Gefängnis rechnen. Der finale Entwurf soll am 30. Juni, dem letzten Tag vor der parlamentarischen Sommerpause in Frankreich, der Nationalversammlung und dem Senat zur Bestätigung vorgelegt werden. Dabei handelt es sich nur noch um eine Formsache. Oppositionspolitiker haben aber angekündigt, Verfassungsbeschwerde gegen das neue Urheberrechtsgesetz einzulegen.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)