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Das Interview zur neuen iX: Warum ARM jetzt das Rechenzentrum erobert

Weniger Verbrauch bei gleicher Leistung – ARM-Prozessoren bieten inzwischen auch viele Vorteile für Server. Hubert Sieverding erklärt den Stand der Technik.

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Die neue Januar-iX ist da und erklärt, warum ARM mittlerweile auch für Server eine Alternative zum klassischen x86 ist. Der Titelautor Huber Sieverding wirft im Interview einen genauen Blick auf die Technik und ihre Vorteile.

Für viele Unternehmen hat sich die Architekturfrage nie gestellt: CPUs kamen von Intel oder AMD, waren aber immer x86-Systeme. Warum lohnt sich jetzt dennoch ein Umstieg auf ARM?

Niemand außerhalb des HPC-Umfelds wird seine eigenen Serveranwendungen auf AAch64 portieren, vor allem wenn Hardwarezertifizierungen etwa von SAP oder proprietäre Fremdkomponenten im Spiel sind. Dort, wo diese Einschränkungen nicht zutreffen, bieten die führenden Linux-Distributionen eine stabile Basis, zumal sie ARM-Prozessoren seit Jahren unterstützen.

Unsere Messungen haben ergeben, dass CPUs auf Basis von ARM-Neoverse sehr gut skalieren, einen hohen I/O-Durchsatz zeigen und bei gleicher Leistung ein Drittel weniger Strom als x86-CPUs verbrauchen. Zudem verfügt zum Beispiel die Ampere Altra über bis zu 128 Kerne, sodass Server mit weniger Komponenten auskommen, damit günstiger und weniger fehleranfällig sind. Genau das sind die Gründe, weshalb Cloud-Anbieter wie AWS und Oracle zunehmend auf ARM setzen.

Eigentlich sind ARM-Prozessoren ja nicht neu. Was hat sich in den letzten Jahren denn geändert, dass nun solche Schwergewichte sie verstärkt einführen und einsetzen?

Es gibt mehrere Gründe: Open Source und Linux haben sich serverseitig etabliert, unter anderem um Wachstum und Kostendruck gerecht zu werden. Es gibt Milliarden IoT-Geräte, angefangen beim Raspberry Pi, mit Linux und ARM-CPU. Will heißen: ARM gehört neben x86 bereits zu den beliebtesten Hardwareplattformen für Linux-Derivate.

Das Besondere an ARM ist, dass ARM Limited keine Hardware, sondern Patente und Referenzdesigns verkauft. Die Fabless genannten Halbleiterhersteller ohne eigene Fertigungsstätten ergänzen sie um weitere Komponenten zu einem SoC (System-on-Chip) und lassen es von Foundries oder Auftragsfertigern wie TSMC produzieren. Neu ist, dass Firmen wie AWS oder Apple als Fabless tätig werden und sich ihren Chip „bauen“, statt bei Intel oder AMD einzukaufen. Und mit ARMs Neoverse N1 gibt es jetzt ein Design für Server-CPUs mit bis zu 128 Kernen auf einem Halbleiter-Die.

Auf welche Unterschiede müssen sich mit Linux bereits versierte Administratoren denn im Alltag einstellen? Können sie auf bereits bekannte Tools zurückgreifen?

Auch hier muss man unterscheiden. Die Linux-Tools einer Distribution sind zumeist CPU-unabhängig. Schlecht sieht es natürlich aus, wenn Treiber oder Applikationen im Binärformat ins Spiel kommen. Als Beispiel sei eine RAID-Karte mit GUI auf OS-Ebene genannt. Und dann gibt es ja noch UEFI und das Remote Monitoring. Obwohl fast alle Server mit einem ARM-SoC als Baseboard Management Controller (BMC) ausgestattet sind, setzen Hersteller hier gerne ihre eigene Duftmarke. Ein iDRAC von Dell unterscheidet sich vom MegaRAC von AMI, welches gerne auf ARM-Servern verwendet wird. Das Gleiche gilt fürs UEFI-Bios. Die Funktionen sind irgendwie alle gleich, doch ob das zum Monitoring des Rechenzentrums verwendete Tool sich wirklich mit den standardisierten Schnittstellen verträgt, bedarf – wie immer – der Prüfung.

Wie können Unternehmen denn am besten professionelle ARM-Systeme testen und einsetzen?

Am einfachsten in der Cloud. So bietet AWS ein kostenloses Testkontingent für Instanzen mit Graviton2-CPU und Oracle stellt seine VM.Standard.A1.Flex sogar „immer kostenlos“ zur Verfügung. Dies umfasst immerhin 3000 CPU-Stunden und 18.000 GByte-Stunden pro Monat. Diverse Linux-Derivate stehen zur Auswahl. Nach dem Download des privaten SSL-Schlüssels sind die Instanzen binnen Minuten einsatzbereit. Auf diese Weise haben wir auch die Leistung der Maschinen mittels des SPEC-CPU-2017-Benchmarks gemessen.

Vielen Dank für das Interview. Alle Artikel zu ARM-Server stehen ab sofort auf Heise Magazine und heise+ zur Verfügung. Einen Überblick aller Themen des neuen Hefts findet sich im Inhaltsverzeichnis der iX 1/2022. Die komplette Januarausgabe lässt sich im heise Shop als PDF oder gedrucktes Heft kaufen.

Das Interview wurde ursprünglich für den iX-Newsletter geführt. Er erscheint monatlich am Erscheinungsdatum jeder neuen Ausgabe und bietet spannende Hintergründe zu den wichtigsten Themen des Hefts. Die Anmeldung ist kostenlos.

(fo)