Das Mini-Makro und ein Leica-Artefakt – die Fotonews der Woche 2/2024

Für Fotografen war die CES ein Flop, bei Leica sind auch Produktionsmuster des Sammelns wert, und der Unmut über Capture One nimmt zu.

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Kein Leica-Artefakt, sondern ein Beispielbild, das mit dem Lumix-Makro aufgenommen wurde.

(Bild: Akihiko Nagumo / Panasonic)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

Alle Jahre wieder kommt nach Silvester die CES. Die inzwischen größte Technikmesse der Welt heißt schon lange nicht mehr "Consumer Electronics Show", sondern will nur noch nach ihrer Abkürzung bezeichnet werden. Zwar ist sie keine ausgewiesene Fotomesse, dennoch gab es als Auftakt in ein Fotojahr dort stets zumindest eine Handvoll relevante Neuerungen. Und diesmal? Eine.

Dabei handelt es sich mit dem Lumix S 100mm F2.8 Macro – kurz: S-E100 – zwar durchaus um ein interessantes Objektiv, nur ist das eben ein Spezialwerkzeug. Rund 1100 Euro für ein Reisemakro muss man schon ausgeben wollen, als Standardbesteck in der Fototasche kommt das kaum infrage. Moment, Reisemakro? Ja, denn mit 8,2 Zentimetern Länge und 298 Gramm ist es rund ein Drittel kürzer und sogar nur halb so schwer wie andere 100-Millimeter-Makros, etwa das von Canon.

Das ist vor allem deswegen beachtlich, weil es sich nicht nur um ein APS-C-Objektiv handelt, der Bildkreis der neuen Optik für den L-Mount von Panasonic reicht auch für Vollformat-Kameras. Da müssen die Entwickler ziemlich lange an der Berechnung und Fertigung der Linsen gesessen haben. Dennoch ist das als einziges Foto-Highlight einer auf 130.000 Besucher ausgelegten Messe recht mager. Und Panasonic hat die Chance wohl nur genutzt, weil der Mischkonzern mit seinen zahlreichen anderen Produkten ohnehin vor Ort war.

Es ist zudem auch nicht so, dass Canon, Nikon und Sony nicht auch vertreten gewesen wären. "Große Stände, und keine neuen Kameras", schrieb uns der Kollege vor Ort. Der erste Teil ist leicht erklärt: Das S in CES steht eben doch immer noch für Show – wir sind schließlich in Las Vegas –, die Augen der Öffentlichkeit in den USA sind Anfang Januar auf die Entertainment-Metropole gerichtet. Der zweite Teil ist nicht so einfach.

Dass sich unsere Kolumne nicht wie im Vorjahr mit "CES voraus" auf die Messe freuen und dann fleißig davon berichten konnte, liegt höchstwahrscheinlich am Olympiajahr. Im Juni 2024 finden die Spiele von Paris statt, und den größten Knaller hatte schon im Dezember 2023 Sony gezündet. Die Rede ist natürlich einmal mehr von der Alpha 9 III mit Global Shutter und bis zu 120 Raw-Fotos pro Sekunde. Falls Sie die letzte Ausgabe der Fotonews verpasst haben: Die Bildqualität ist bauartbedingt leicht eingeschränkt.

Der Sensor der Alpha stammt logischerweise von Sony. Bisher gibt es keine Informationen darüber, ob und wie der Konzern anderen Herstellern Zugriff darauf gewährt. Doch der Sensor allein würde nicht ausreichen. Puffer, Bildverarbeitung, Bussystem, KI-Autofokus, jede Menge Software bräuchte es ebenso, um eine so schnelle Kamera zu bauen. Dies alles zu übernehmen, würde bedeuten, eine Sony mit Canon- oder Nikon-Aufkleber zu bauen. Und das wollen die Konkurrenten sicher nicht. Daher bleibt es vorerst bei Sony. Nach den Angaben der großen Versender sollen die schon seit Dezember vorbestellten A9 III erst Ende Januar verschickt werden. Zuerst sprach Sony selbst vom Frühjahr als Starttermin, bei der offiziellen Vorstellung der Kamera dann plötzlich vom Januar. Nach bisherigem Stand ist dieser Termin wohl nur noch knapp zu halten.

Die anderen Hersteller können sich da also mit ihren Ankündigungen von neuen Kameras für die Spiele schlicht zurückhalten. Ein unmittelbarer Konter zur CES, weil Sensor, siehe oben, war ohnehin nicht zu erwarten. Aber ein bisschen teasern gehört auch im Fotogeschäft schon lange dazu und da wäre die CES eine gute Gelegenheit gewesen. Als nächste große Neuvorstellung ist Gerüchten zufolge die längst fällige Nikon Z 6 III zu erwarten, also eher ein Gerät der Mittelklasse.

Insgesamt läuft in der Fotobranche also doch alles ziemlich normal, wenn man mal von echten Ausreißern absehen kann. Mit der Brechstange hat Capture One im Dezember versucht, einen Teil seiner Bestandskunden zum Geldausgeben zu bewegen: Die Variante Capture One Express wird zum 1. Februar 2024 schlicht funktionslos. Bestehende Bildsammlungen sollten also schleunigst exportiert werden. Das hätte man als Gratisbeigabe zu einer Kamera – denn dafür war die Express-Version gedacht – ja noch irgendwie verschmerzen können.

Inzwischen mehren sich aber die Zuschriften an unsere Redaktion, aus denen hervorgeht, dass manche Anwender dem Unternehmen Capture One generell nicht mehr trauen. Vor allem die Tatsache, dass sich auch Lizenz-Keys nach dem 1. Februar 2024 nicht mehr aktivieren lassen, stößt ihnen sauer auf. Das geht aus einer Mail hervor, welche die Firma Mitte Dezember 2023 an die Express-Nutzer versendet hatte. Manche befürchten nun, dass Capture One das auch bei den teureren Pro-Versionen irgendwann so handhaben könnte. Denn die Einstellung der Express-Version ist nicht die erste überraschende Maßnahme. Bereits Ende 2022 hatte Capture One seine gesamten Lizenzbedingungen geändert.

Als veraltet erklärte Software ist nur selten des Sammelns wert, bei allem wo Leica draufsteht, ist das anders. Am rarsten sind auch bei Leica Prototypen, und ein solcher kommt im Herbst 2024 unter den Hammer. Es handelt sich laut dem Auktionsveranstalter Wetzlar Camera Auctions um die erste Leica, deren Gehäuse im Druckgussverfahren hergestellt wurde. Das soll 1933 passiert sein, als Vorbereitung auf die Leica IIc, eine der erfolgreichsten sogenannten Schraubleicas.

Die erschien aber erst 1940, mithin könnte der Prototyp auch Technikhistorikern wertvolle Hinweise liefern. Was dann dafür zu bezahlen ist, kann bisher nur geraten werden. Aber dafür ist ja auch noch Zeit. Anhaltspunkt: Eine Kamera der 0-Serie, welche dem Leica-Erfinder Oskar Barnack persönlich gehörte, kam auf 14,4 Millionen Euro. Dabei spielte aber der prominente Name die Hauptrolle, ähnlich wie bei Musikinstrumenten, bei denen der historische Wert oft maßgeblich von den Vorbesitzern bestimmt wird.

Auch ganz übliche und nicht einmal seltene Geräte aus der Fotowelt können nach Produktionsende mehr wert sein, als ihr Neupreis betrug. Von einem solchen handelt auch unsere Empfehlung für einen Long Read zum Wochenende. Der Filmscanner Nikon Super Coolscan 5000 ED hat unter anderem bei Archivaren einen legendären Ruf und wurde nun bei Petapixel im Vergleich mit einem professionellen Hasselblad-Scanner getestet. Warum man sich 20 Jahre nach Erscheinen des Geräts damit beschäftigen sollte? Unter anderem, weil sich mit dem richtigen Originalzubehör von gerahmten Dias bis zum kompletten Kleinbild- oder APS-Film so ziemlich alles an analogem Material automatisch scannen lässt.

Zum anderen, weil die Nikon-Entwickler sowohl optisch über eine Infrarot-Lichtquelle wie digital da alles eingebaut haben, was die Bildqualität schon beim Scannen und nicht erst in der Nachbearbeitung verbessert. Kratzer und Staub lassen sich so auf optischem Weg lindern, und die eingebauten Profile sind an viele analoge Filme angepasst. Zudem ist das Gerät im Format kleiner Desktop-PCs gehalten, es passt also auf den Schreibtisch. Ja, 2003 war das noch "a thing", nicht jeder arbeitete damals vorwiegend mit Notebooks und ortsunabhängig. Schon fünf Jahre später stampfte Nikon sein Geschäft mit kleinen Scannern komplett ein. Bevor sie auf die Reise in die Kleinanzeigen gehen: Gut gepflegte Coolscan 5000 ED kosten im deutschsprachigen Raum über 1000 Euro. Aber vielleicht findet sich ja im Keller so manchen Verlages noch einer.

(nie)