Das Prinzip Amazon: Erfinde und herrsche

Amazon schreibt seit Jahren fast nur Verluste – aber nicht, weil die Geschäfte schlecht laufen. Jeff Bezos steckt die gesamten Gewinne in die stetige technische Weiterentwicklung des Konzerns. Das Ziel: Wachstum um jeden Preis.

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Von
  • Jens Lubbadeh

Amazon verfolgt ein Geschäftsmodell, das so manchen ratlos macht. Auf der einen Seite fährt der Online-Händler in diesem Jahr einen Umsatz von 75 Milliarden Dollar ein. Auf der anderen Seite schreibt er rote Zahlen: Im vergangenen Quartal verbuchte Amazon einen Verlust von 41 Millionen Dollar.

Gründer und CEO Jeff Bezos ist an kurzfristigen Gewinnen nicht interessiert, wie Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 01/2014 berichtet (das Heft können Sie hier online bestellen). Als er einmal darauf angesprochen wurde, dass Amazon nur für einen kurzen Zeitraum im Jahre 1995 profitabel war, frotzelte er, das sei "wahrscheinlich ein Fehler" gewesen. Seine Strategie: Amazon schaufelt permanent Geld zurück in sein Geschäft. Das geht zum Beispiel in die geheimniskrämerische Forschungsabteilung des Konzerns, Lab126, rund 1000 Kilometer südlich seines Hauptquartiers in Seattle. Dort wird am Kindle der nächsten Generation und anderen mobilen Geräten gearbeitet. Amazon gibt zudem viel Geld aus, um die modernsten Lagerhäuser zu errichten, den Kundendienst noch geschmeidiger zu machen und andere Ideen zu entwickeln, die den Marktanteil weiter vergrößern.

Wie erfolgreich Amazon mit seiner Hightech-Strategie ist, zeigt sein wachsendes Patent-Portfolio. Seit 1994 haben Amazon.com und die Tochterfirma Amazon Technologies 1263 Patente angemeldet. Zum Vergleich: Walmart hat es in der gleichen Zeit gerade mal auf 53 gebracht. Die Strategie hat noch einen weiteren Vorteil: Verbunden mit seiner immensen Marktmacht kann Amazon seine Technologien – den Webservice, die Lagerung und Auslieferung – als Dienstleistung für andere Unternehmen anbieten. Tausende Online-Händler buchen sich deshalb lieber in das Ökosystem von Amazon ein, als gegen es zu konkurrieren – was ohnehin schwer bis aussichtslos ist.

Amazon ist zur Innovation verdammt. Das liegt an drei Defiziten, die es im Vergleich zum klassischen Einzelhandel hat: Es gibt keine Einkaufszentren, in denen Kunden die Waren in die Hand nehmen können. Es gibt keine Verkäufer, die sich um Kunden kümmern können. Und es gibt für Käufer nicht die Möglichkeit, ihre Waren gleich nach dem Bezahlen in Besitz zu nehmen. Alles, was die Amazon- Ingenieure erfinden, dient letztlich dazu, diese fundamentalen Defizite vergessen zu machen.

Mehr dazu in Technology Review 01/2014:

(jlu)