Datenschutz: Plan für EU-weiten Abgleich von Gesichtsbildern sorgt für Unmut

Der EU-Datenschutzbeauftragte fordert Korrekturen am Entwurf zur Erweiterung des Prümer Vertrags zum Austausch weiterer biometrischen Daten.

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(Bild: ImageFlow/Shutterstock.com)

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Die Initiative der EU-Kommission für eine Verordnung "über den automatisierten Datenaustausch für die polizeiliche Zusammenarbeit" schießt laut dem EU-Datenschutzbeauftragten Wojciech Wiewiórowski deutlich übers Ziel hinaus. Dem Entwurf, mit dem der Prümer Vertrag von 2005 erweitert werden soll, fehlen demnach "wesentliche Elemente in Bezug auf seinen sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich".

Mit dem Prüm-Rahmen können Polizeibehörden in den angeschlossenen Mitgliedsstaaten DNA-, Fingerabdruck- und Fahrzeugregisterdaten elektronisch austauschen und abgleichen. Ferner ist es möglich, nationale Datenbanken zu vernetzen. Laut der Kommission sollen künftig auch Fahndungsfotos oder biometrische Lichtbilder aus Polizeiregistern eingeschlossen werden, die eine automatisierte Gesichtserkennung unterstützen.

Die Brüsseler Regierungsinstitution hat es der Stellungnahme zufolge aber schon verabsäumt, die Arten von Straftaten, die eine Abfrage rechtfertigen können, zu bestimmen. Dies gelte auch für die Kategorien der Personen, die von dem automatischen Datenaustausch betroffen sind. Wiewiórowski verlangt daher, dass insbesondere der automatisierte Abruf von DNA-Profilen und Gesichtsbildern nur im Zusammenhang mit einzelnen Ermittlungen bei schweren Straftaten möglich sein sollte. Die Kommission will solche Abgleiche sensibler Daten bei sämtlichen Delikten zulassen. Darüber hinaus ist der Kontrolleur nicht von der Notwendigkeit des in der "Prüm-II-Verordnung" vorgeschlagenen automatisierten Abrufs und Austauschs von Daten aus polizeilichen Aufzeichnungen überzeugt. Er unterstreicht, dass strenge Sicherheitsvorkehrungen erforderlich seien, um die damit verbundenen Risiken für die Datenqualität anzugehen.

Generell hat Wiewiórowski schwere Bedenken, dass das Vorhaben nicht verhältnismäßig sein könnte. Diese erstrecken sich etwa auf die vorgesehene Einbeziehung von Europol in den Prüm-Ansatz. Er erinnert hier an seine Haltung, wonach die Den Haager Polizeibehörde nur eingeschränkt Big-Data-Analysen durchführen dürfen sollte. Ihm zufolge müssen die dortigen Ermittler künftig binnen sechs Monaten klären, ob es ihnen gestattet ist, erhaltene personenbezogene Informationen längerfristig zu speichern und zu verwenden. Daten mit unklarem Status sind im Anschluss zu löschen.

Die EU-Länder und das Europäische Parlament sind sich aber bereits einig über einen anderen Verordnungsentwurf, mit dem das Mandat für Europol deutlich ausgeweitet werden soll. Nach der Position beider Gremien werden die von der Aufsichtsbehörde als rechtswidrig gebrandmarkten Praktiken weitgehend legalisiert.

Teil des Gesetzespakets der Kommission für die stärkere polizeiliche Kooperation ist auch ein Entwurf für eine Richtlinie über den Informationsaustausch. Wiewiórowski hält es hier für unerlässlich, den persönlichen Anwendungsbereich der speziellen Befugnisse klar zu definieren. Auf jeden Fall müssten die Kategorien personenbezogener Daten über Zeugen und Opfer, die ausgetauscht werden können, begrenzt werden.

Zugleich sieht der Kontrolleur die geplante Dauer der Speicherung personenbezogener Daten in den Fallverwaltungssystemen der einheitlichen Ansprechpartner kritisch. Ferner stößt ihm die skizzierte Rolle von Europol beim Austausch personenbezogener Daten zwischen nationalen Strafverfolgungsbehörden übel auf. Die Mitgliedstaaten sollten laut der separaten Stellungnahme zu diesem Entwurf verpflichtet werden, von Fall zu Fall zu beurteilen, ob Europol eine Kopie der von den zuständigen nationalen Behörden ausgetauschten Informationen erhalte. Dabei sei der Zweck klar anzugeben. Andernfalls könnte die Richtlinie dazu führen, dass "eine riesige Datenbank mit Sicherungskopien der ausgetauschten Informationen entsteht". Eine solche würde von Europol für neue, von der Behörde selbst festgelegte Zwecke verwendet.

Prinzipiell sei die polizeiliche Zusammenarbeit "ein wichtiges Element eines gut funktionierenden Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts", erläuterte Wiewiórowski in einer Mitteilung. Eine stärkere Rolle von Europol als "Informationsdrehscheibe" müsse aber angemessen sein. Sie dürfe nicht "als Nebeneffekt zur Schaffung neuer großer zentralisierter Datenbanken führen".

(kbe)