Datenschutzbeauftragte: Unabhängige Kontrolle über Geheimdienste ist gefährdet
Die Bundesdatenschutzbeauftragte wehrt sich öffentlich gegen Pläne, ihr die Aufsicht über BND, Verfassungsschutz und Militärischen Abschirmdienst zu entziehen.
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(Bild: nitpicker/Shutterstock.com)
Die Bundesdatenschutzbeauftragte schlägt Alarm, dass ihr die datenschutzrechtliche Aufsicht über die Geheimdienste entzogen werden soll. "Verschiedenen Gesprächen habe ich entnommen, dass die anstehende Reform des Nachrichtendienstrechts eine weitgehende Übertragung der datenschutzrechtlichen Aufsicht" über den Bundesnachrichtendienst (BND), das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und den Militärischen Abschirmdienst (MAD) auf den Unabhängigen Kontrollrat (UKRat) vorsieht, schreibt die Datenschutzbeauftragte Louisa Specht-Riemenschneider in einem Brandbrief an die Bundesregierung.
"Eine unabhängige Datenschutzkontrolle ginge damit verloren", warnt Specht-Riemenschneider. "Unabhängig ist eine Stelle nämlich nur dann, wenn sie institutionell eigenständig ist." Dies sei beim administrativen Kontrollorgan des UKRats, das die Aufgabe übernehmen solle, nicht der Fall. Es sei weisungsgebunden und so "gerade nicht institutionell eigenständig".
Der Bund hatte den UKRat 2022 unter anderem als späte Reaktion auf die Snowden-Enthüllungen eingerichtet. Er ist aktuell für den BND zuständig und prüft Anordnungen der Spitze des Auslandsgeheimdienstes für Maßnahmen zur individuellen und massenhaften Überwachung vorab. Aus einem ersten Bericht an das für ihn zuständige Aufsichtsgremium des Bundestags voriges Jahr ging hervor, dass der UKRat fast alle Überwachungsersuchen durchwinkt. Nun gibt es laut Specht-Riemenschneider Überlegungen innerhalb der Bundesregierung, dem Gremium die komplette Datenschutzaufsicht nicht nur über den BND, sondern auch die beiden anderen Geheimdienste des Bundes zu übergeben.
Rechtsunsicherheit und Intransparenz
Die Datenschutzbeauftragte hält davon nichts. Eine solche Aufgabenübertragung auf den UKRat "führt zu Rechtsunsicherheit und Intransparenz und zwar sowohl bei den Betroffenen als auch bei den Kontrollorganen", warnt sie in dem jetzt von ihr veröffentlichten Schreiben. Der Transfer "würde die einheitliche, umfassende und unabhängige Datenschutzaufsicht erheblich beeinträchtigen" und damit "rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügen".
Mit dem diskutierten Vorhaben "wäre eine Überprüfung der datenschutzrechtlichen Rechtmäßigkeit schwerwiegender Grundrechtseingriffe deutlich erschwert und in Teilen sogar unmöglich", hebt Specht-Riemenschneider hervor. Ihre aktuelle Zuständigkeit für den gesamten Sicherheitsbereich führe dazu, dass sie einen Gesamtüberblick über alle einschlägigen Ämter, also jenseits der Geheimdienste auch über die Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden habe. So könne sie bislang alle deren Datenverarbeitungen einsehen und kontrollieren. Das ermögliche es ihr, "insbesondere auch Übermittlungen personenbezogener Daten zwischen diesen Behörden, also auf Absender- und Empfängerebene", zu kontrollieren. Diese Fähigkeit würde verloren gehen.
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Unterschiedliche Zuständigkeiten
Eine Zuständigkeitsverlagerung birgt laut Specht-Riemenschneider auch die Gefahr, dass gleiche oder ähnliche IT-Systeme wie die Anti-Terror- oder die Rechtsextremismusdatei "von zwei unterschiedlichen Kontrollorganen unterschiedlich bewertet werden". Letztlich sprächen ferner Effizienzerwägungen gegen eine Verschiebung. So müssten die nötigen Personalressourcen beim UKRat zumindest für das BfV und den MAD "erst kosten- und zeitintensiv aufgebaut werden".
(nen)