De-CIX-Betreiber legt Verfassungsbeschwerde gegen BND-Spionage ein

Der Betreiber des De-CIX will dafür sorgen, dass der Bundesnachrichtendienst seinen Datenstaubsauger an dem Netzknoten rechtmäßig einsetzt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 61 Kommentare lesen
De-CIX-Betreiber legt Verfassungsbeschwerde gegen BND-Spionage ein

(Bild: dpa, Boris Roessler)

Lesezeit: 3 Min.

Ende Mai hatte der Betreiber des Frankfurter Internetknotens De-CIX angekündigt, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit des breiten Datenabgriffs des Bundesnachrichtendiensts (BND) an dem weltweit größten Austauschpunkt nicht akzeptieren zu wollen. Nun hat er Nägel mit Köpfen gemacht und Verfassungsbeschwerde gegen die BND-Spionage eingelegt (Az.: 1 BvR 1865/18). Das Bundesverfassungsgericht soll auf diesem Weg offen gebliebene "grundsätzliche rechtliche Fragestellungen" klären und "Rechtssicherheit für Bürger und Betreiber" schaffen.

In dem sich seit Jahren hinziehenden Streit geht es vor allem darum, dass der Auslandsgeheimdienst am De-CIX seit gut zehn Jahren auch rein innerdeutsche Kommunikation angeschlossener Provider komplett ausleitet und im Anschluss mithilfe sogenannter Selektoren durchsucht. Er lässt sich dafür eine vollständige Kopie des übertragenen Datenwusts übermitteln. Über den Knoten läuft in Spitzenzeiten ein Verkehr von mehr als 6,4 Terabits pro Sekunde.

Die De-CIX-Betreiber hatten gegen diese weitgehende Praxis, in die sich der BND von der NSA einweisen ließ und abgefischte Daten auch im großen Stil an den US-Geheimdienst weiterleitete, schon frühzeitig Bedenken, da über die jeweiligen Leitungen immer auch Kommunikation von Bundesbürgern laufe. Diese hätten die Spione ihrer Ansicht nach nicht ohne explizite Rechtsgrundlage überwachen dürfen und so umfassend gegen Artikel 10 Grundgesetz und das darin verbriefte Kommunikationsgeheimnis verstoßen.

Dass das Bundesverwaltungsgericht die vorgebrachten Einwände gegen die sogenannte strategische Fernmeldeüberwachung mit dem BND-Datenstaubsauger inhaltlich gar nicht geprüft habe, "ist für uns rechtlich nicht hinnehmbar", begründete Klaus Landefeld, Aufsichtsratsmitglied der De-CIX-Group, den Gang nach Karlsruhe. De-Cix sehe sich "gegenüber unseren Kunden" weiterhin in der Pflicht darauf hinzuwirken, dass die BND-Überwachung in Frankfurt "ausschließlich in rechtmäßiger, vom Gesetzgeber vorgesehener Weise stattfindet". Dies sei noch immer nicht gewährleistet. Die Art und Weise, wie das Bundesverwaltungsgericht die aufgeworfenen Punkte größtenteils gar nicht behandelt habe, sei nicht hilfreich gewesen.

Die Betreiber haben daher nach eigenen Angaben auch "eine Anhörungsrüge gegen das Urteil" der Leipziger Richter erhoben. Zunächst hatten sie mit dem Gedanken gespielt, eine zweite Klage vor dem obersten Verwaltungsgericht einzureichen, um die eigenen Grundrechte des Unternehmens und seiner Mitarbeiter als Kommunikationsteilnehmer geltend zu machen. Von diesem Schritt ist die Firma nun aber doch abgekommen.

Der Beschwerde rechnen Beobachter recht gute Erfolgsaussichten zu. So hatte der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, die BND-Ausleitungen bereits 2016 in einem Gutachten für den De-CIX als "insgesamt rechtswidrig" eingestuft. Der Gesetzgeber hat zwar inzwischen das Überwachen ganzer Netzknoten auch im Inland durch den Geheimdienst legalisiert. Laut Papier reicht dies aber nicht aus, um die Grundrechte angemessen zu schützen. So habe der Bundestag etwa einkalkuliert, dass derzeit "begrenzte personelle und sachliche Kapazitäten" die BND-Spionage praktisch einschränkten. (anw)