Debatte über "Internet-Neutralität" im US-Kongress
Inhalte-Anbieter wollen erreichen, dass Internetzugangs-Provider gesetzlich davon abgehalten werden können, zusätzliche Gebühren zu verlangen. Vor einem Ausschuss des US-Senats prallten gestern die Argumente der beiden Seiten aufeinander.
Der US-amerikanische Senatsausschuss für Handel, Wissenschaft und Verkehr hat sich gestern mit einem Thema befasst, bei dem die Meinungen der Internet-Zugangsprovider und der Inhalteanbieter weit auseinander gehen. Sie entzweit Pläne von Telekommunikationsunternehmen, Geld von Inhalte-Anbietern für den Zugang zum Internet zu verlangen. Die Gegenseite, unter anderem vertreten durch Googles Chief Internet Evangelist Vinton Cerf, sieht durch derartige Vorhaben die "Internet-Neutralität" bedroht. Hintergrund ist eine anstehende Überarbeitung des Telecommunications Act of 1996.
Der Ausschussvorsitzende, der republikanische Senator Ted Stevens, wies darauf hin, dass sich der Chef der Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) Kevin Martin zu "Neutralitätsgrundsätzen" bekannt und betont habe, dass heute und künftig keine Regulierung auf diesem Gebiet nötig sei. Stevens, der sich unschlüssig zeigte, erhoffte sich von der Anhörung Argumente aus erster Hand.
"Breitband-Carriern die Kontrolle darüber zu geben, was die Menschen sehen und online machen können, würde die Prinzipien untergraben, die das Internet erfolgreich gemacht haben", sagte Cerf in seiner Aussage vor dem Ausschuss (PDF-Datei). Vor diesem Hintergrund streben die Inhalte-Anbieter ein Gesetz an, das die Zugangsanbieter daran hindert, zusätzliche Gebühren zu verlangen. "In absehbarer Zeit werden die meisten US-Amerikaner nur eine geringe Auswahl zwischen Breitband-Anbietern haben", führt Cerf weiter aus. Den Carriern zu erlauben, einen Teil ihrer Bandbreite für eigene Dienste zu reservieren würde bedeuten, den Verbrauchern das Breitband-Inernet vorzuenthalten, das das Land und die Wirtschaft benötigten. Dabei beschwört Cerf die Konkurrenzfähigkeit der USA mit anderen Ländern wie Japan, Südkorea, Singapur und Großbritannien.
Kyle McSlarrow, CEO der National Cable & Telecommunications Association führt hingegen ins Feld (PDF-Datei), Breitband-Netze und -Dienste hätten sich unter den bisherigen Bedingungen, also ohne Regulierung, gut entfalten können. Die Provider hätten bisher Milliarden US-Dollar investiert. Sie benötigten ebenso wie die Inhalte-Anbieter Flexibilität in ihren Geschäftsmodellen und Preisen. Internet-Regulierung führe zu Rechtsstreitigkeiten und mehr Bürokratie, nicht zu Innovationen, warnte McSlarrow.
Drastischer ergreift Verizon-Manager John Thorne Partei. Während Unternehmen wie seines viel Geld in den Ausbau der Netze investierten, nutze Google diese lediglich mit "nichts als billigen Servern" aus, sagte Thorne laut Washington Post. Unternehmen wie seines müssten nach Wegen suchen, die getätigten Investitionen wieder hereinzuholen, meinte Thorne, ohne Details zu erläutern. AT&T-Chef Edward Whitacre hatte bereits im vergangenen Jahr angeregt, dass "Inhalteanbieter" wie Google doch eigentlich bezahlen müssten, weil er ihnen Zugang zu den Kunden verschaffe.
Vonage-CEO Jeffrey Citron bestreitet derlei aus Sicht seines Unternehmens. Die Netzwerkbetreiber würden bereits doppelt für ihre Dienste bezahlt, erläutert er in seinem Anhörungsbeitrag (PDF-Datei). Zum einen zahle der VoIP-Anbieter Vonage jährlich Millionen an Dollars für den Internet-Zugang und außerdem würden die Verbraucher jedes Jahr Milliarden Dollar für ihren Hochgeschwindigkeitszugang bezahlen.
Siehe dazu den Kommentar auf Technology Review aktuell: (anw)