Nach Magdeburg: Faeser fordert Verabschiedung des Sicherheitspakets
Nach dem Anschlag in Magdeburg mit ĂĽber 200 Verletzten und fĂĽnf Todesopfern setzt nun eine Debatte ĂĽber die deutsche Sicherheitsgesetzgebung ein.
Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg mit fünf Todesopfern und über 200 Verletzten ist eine Debatte über Konsequenzen für die Sicherheitspolitik entbrannt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am Sonntag, dass durch die Bundesbehörden "jeder Stein umgedreht" werde. Es gehe darum, ein Bild über den Täter zusammenzufügen, "der in kein bisheriges Raster passt." Daraus müssten anschließend die richtigen Schlüsse gezogen werden.
Im Gespräch mit dem "Spiegel" forderte Faeser zudem nun die zügige Verabschiedung unter anderem des Sicherheitspakets: "All diese Gesetzentwürfe von uns könnten sofort beschlossen werden, wenn Union und FDP sich dem nicht verweigern." Das im Herbst vom Bundestag verabschiedete, aber von den Bundesländern als zu schwach abgelehnte sogenannte Sicherheitspaket mit weitgehenden Zentraldatenbank- und Gesichtserkennungsbefugnissen für BKA und Bundespolizei steckt derzeit im parlamentarischen Verfahren fest.
"Wenn gesicherte Erkenntnisse vorliegen, sollten die Parteien der demokratischen Mitte gemeinsam über Konsequenzen sprechen", forderte der ehemalige Bundesjustizminister und FDP-Generalsekretär Marco Buschmann. Vertreter der CDU wie Fraktionsvize Thorsten Frei forderten, dass nun die IP-Vorratsdatenspeicherung kommen müsse – eine Forderung, die die Länder gemeinsam über den Bundesrat erhoben hatten, als sie die Teile des Sicherheitspakets ablehnten, die die neuen, erweiterten Befugnisse regeln sollten.
Am Montagnachmittag soll der Innenausschuss des Bundestages über den aktuellen Stand der Aufklärung informiert werden. Noch würden die Abgeordneten nicht alle Hintergründe kennen, sagt Manuel Höferlin (FDP) gegenüber heise online: "Ich halte nichts von vorschnellen Forderungen ins Blaue, ohne alle Fakten zu kennen."
Auf Anfrage von heise online warnt auch der verbliebene Koalitionspartner der SPD vor vorschnellen Schlussfolgerungen. "Erneut scheint es mit Blick auf den Täter und die von ihm ausgehende, konkrete Gefahr in erster Linie Probleme beim Zusammenführen der verschiedenen vorliegenden Informationen und Warnungen gegeben zu haben", erklärt der Fraktionsvize und Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Nachrichtendienste Konstantin von Notz. "Statt hiervon abzulenken und sicherheitspolitisch sinnbefreite Diskussionen um Vorratsdatenspeicherung und Co. zu führen, ist es dringend notwendig, zunächst die mehr und mehr offen zutage tretenden Defizite zu analysieren, um sie schnellstmöglich abstellen zu können." Der Grünen-Politiker erwartet von Bundesregierung und Landesregierung in Sachsen-Anhalt detaillierte Informationen, "wer was wann über den Täter wusste und wie mit diesen Hinweisen konkret umgegangen wurde."
Befugnisse heute bereits vorhanden
Bereits heute existiert eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie Polizeibehörden mit Inhalten, die auf Social Media aufgefunden werden, umgehen können. Bei Terrorismusverdacht greift die sogenannte Terrorism-Content-Online-Verordnung, bei der das Bundeskriminalamt die Entfernung von Inhalten bei Hosting-Diensten wie Social-Media-Plattformen anordnen kann, eine Möglichkeit, von der die Behörde regen Gebrauch macht. Zugleich wurde mit dem Digital Services Act eine Verpflichtung für Betreiber geschaffen, bei Verdacht auf Gefahr für Leib, Leben und Freiheit von Personen aktiv Inhalte an das BKA zu melden. Eine Anfrage an die Wiesbadener Behörde dazu, ob eine der Regelungen hier gegriffen hat, blieb am Morgen vorerst unbeantwortet.
Warum die Behörden nicht stärkere Maßnahmen gegen den ihnen offenbar bekannten Täter von Magdeburg ergriffen, ist auch Gegenstand der nun folgenden Aufarbeitung in Bund und Ländern. Dass es auch anders geht, zeigt ein Beispiel aus Bremerhaven, über das NDR und dpa berichten: Demnach hatte ein Mann auf TikTok angekündigt, Menschen südländischen Aussehens auf einem Weihnachtsmarkt umbringen zu wollen. Der 67-Jährige sei daraufhin vorläufig festgenommen worden.
Zitat von Konstantin von Notz ergänzt
(mack)