Déjà-vuvuvu: E-Rezept soll durchstarten, jetzt aber wirklich

Während die zukünftige Digitalagentur des Bundesgesundheitsministeriums den Rollout des E-Rezepts ankündigt, laufen noch Arbeiten an dessen neuem Einlöseweg.

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(Bild: Thapana_Studio/Shutterstock)

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Ein Déjà-vu: Die Gesellschafter der zukünftigen Digitalagentur des Bundesgesundheitsministeriums, die Gematik, haben in ihrer Versammlung erneut dafür gestimmt, "ab sofort mit dem bundesweiten Rollout des E-Rezepts zu beginnen". Zuvor war das E-Rezept immer wieder auf Eis gelegt worden. Zu dem Rollout gehören der Start eines "einfachen papierlosen Einlöseverfahrens für das E-Rezept", Verbesserungen an den Praxis- und Apothekenverwaltungssystemen und Webinare für Ärzte und Apotheken, um diese bei der Umstellung zu unterstützen. Eigentlich funktioniert das E-Rezept bereits seit Ende 2022, allerdings nur bei wenigen Ärzten und auch nicht in allen Apotheken, obwohl diese schon seit September 2022 dazu verpflichtet sind.

Immer wieder beklagten Ärzte Mehraufwände aufgrund der Ausstellung des E-Rezepts. Mit dem neuen Einlöseweg soll es für alle Beteiligten einfach werden. Dieser sei nach Angaben der Gematik ab Juli umgesetzt. Dann ließen sich E-Rezepte mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) einlösen. Diese Möglichkeit hatten Ärzte für einen erfolgreichen Start des E-Rezepts gefordert. Die Apotheken werden jedoch erst Ende Juli bereit sein, E-Rezepte anzunehmen. Bisher wurden seit Start des E-Rezepts bis heute mehr als zwei Millionen E-Rezepte eingelöst – die meisten davon als Papierausdruck.

Eine von verschiedenen weiteren Einlösemöglichkeiten funktioniert über die E-Rezept-App. Für das kommende Halbjahr sei wichtig, "dass (Zahn-)Ärztinnen und Ärzte im laufenden Rollout-Prozess von den jeweiligen Bundes- und Landesorganisationen sowohl Orientierung als auch Unterstützung erhalten, damit in den Praxen flächendeckend auf das E-Rezept umgestellt wird und Erfahrungen mit dem neuen Prozess gesammelt werden können", teilt die Gematik mit. Auf diese Weise könne das E-Rezept in Deutschland ab dem ersten Januar 2024 verpflichtend starten.

Die Ankündigung der Gematik ruft bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erwartungsgemäß Kritik hervor. Sie hatte "gegen die bundesweite Einführung mit der Brechstange" gestimmt. Zwar befürworte die KBV, dass der Vorschlag der Ärzteschaft aufgegriffen wurde, das E-Rezept über die elektronische Gesundheitskarte einzulösen. Jedoch sei unverständlich, "dass Politik und Gematik die gleichen Fehler der Vergangenheit wiederholen und das E-Rezept auf Biegen und Brechen ab dem ersten Januar 2024 flächendeckend und verpflichtend einführen wollen", teilte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner auch im Namen ihrer Vorstandskollegen Dr. Andreas Gassen und Dr. Stephan Hofmeister mit.

Bisher habe kein Test des neuen Einlösewegs über die elektronische Gesundheitskarte stattgefunden. Erst in den kommenden Wochen können die Apotheken den Test starten, unter anderem, da viele Krankenkassen derzeit noch an der Umsetzung arbeiten und diese bis Ende Juni fertigstellen wollen. Danach muss allerdings erstmal getestet werden. Daher weiß auch die KBV nicht, "ob es bundesweit funktioniert". Im Zweifel hätten nicht nur Ärzte und Apotheker das Nachsehen, sondern auch die Versicherten, da sie – falls es nicht klappt – erneut in die Arztpraxen rennen müssten.

"Man darf nicht außer Acht lassen, dass wir es mit einer Massenanwendung zu tun haben. Bei 460 Millionen Rezepten pro Jahr sind es eine bis anderthalb Millionen E-Rezepte, die pro Tag zu erwarten sind. Wir wissen nicht, ob das System unter voller Belastung überhaupt funktioniert", gibt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister zu bedenken. Ebenfalls kritisiert Steiner, dass das E-Rezept bisher noch nicht in allen Praxisverwaltungssystemen "reibungslos und anwenderfreundlich" funktioniere. Dafür seien Standards erforderlich, "deren Einhaltung von einer unabhängigen Instanz überwacht werden".

Neben dem Deutschen Apothekerverband hatten sich auch weitere am E-Rezept Beteiligte, wie die Kassenärztliche Vereinigungen Westfalen-Lippes (KVWL), kürzlich kritisch zu der Ankündigung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geäußert, das E-Rezept im Juli ausrollen zu wollen. Die KVWL, die angekündigt hatte, sich nicht mehr am E-Rezept-Rollout beteiligen zu wollen, wenn die eGK-Lösung nicht kommt, nannte Lauterbachs Ankündigung eine "Nacht-und-Nebel-Aktion" und plädierte für eine stufenweise Einführung. Bisher seien die Voraussetzungen in den Praxen nicht geschaffen. Laut Gematik sei bis Ende Juli ein Großteil der Apotheken bereit, E-Rezepte über die elektronische Gesundheitskarte entgegenzunehmen. Ob und wie E-Rezepte ab dem ersten Januar 2024 in Deutschland eingelöst werden können, bleibt abzuwarten.

Künftig soll das E-Rezept auch mit der App der elektronischen Patientenakte genutzt werden können. Das sieht zumindest der Referentenentwurf zum Digitalgesetz des Bundesgesundheitsministeriums vor. In der Vergangenheit war bereits bemängelt worden, dass das E-Rezept nicht über die App der elektronischen Patientenakte abgerufen wurde und für den digitalen Einlöseweg eine zusätzliche App für das E-Rezept notwendig war. Zudem soll es auch möglich sein, "NFC-fähige elektronische Gesundheitskarten sowie dazugehörige PINs aus der E-Rezept-App heraus zu beantragen". Ebenso sollen die Krankenkassen per Gesetz dazu verpflichtet werden, ihre Versicherten über das E-Rezept zu informieren. Dies hatten Ärzte und andere am Gesundheitswesen Beteiligte in Vergangenheit ebenfalls bemängelt.

(mack)