Der Corona-Impfstoff kommt: Wie es nun weitergeht
Nun sollen in Deutschland und der EU Impfungen beginnen. Wissenschaft und Politik sehen die Chance auf ein Ende der Pandemie. Wie schnell kann das gehen?
Der erste Impfstoff gegen das Coronavirus soll jetzt grünes Licht bekommen – die EU-Behörden entscheiden über das Präparat von Biontech und Pfizer. Die EU-Arzneimittelbehörde EMA stellt an diesem Montag ihre Beurteilung vor; die EU-Kommission will dann am Dienstag oder Mittwoch über die formelle Zulassung in der EU entscheiden.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stellte die Bürger aber auf Anlaufschwierigkeiten bei den Impfungen ein. "Es wird am Anfang ruckeln", sagte er am Sonntagabend im Bericht aus Berlin (ARD). "Wir sind bestmöglich vorbereitet, aber jetzt wird's konkret." Beim Hochfahren der Impfzentren werde es darauf ankommen, miteinander zu lernen. Es werde zunächst auch nur wenig Impfstoff geben. "Es ist halt zu Beginn für alle knapp. Aber das war im Übrigen auch immer bekannt." Großbritannien habe in den ersten zwölf Tagen 300.000 Menschen impfen können. "Das werden wir auch in den ersten Tagen erreichen können", so Spahn.
Die Antworten zu den wichtigsten Fragen:
Wie viele Impfdosen erhält Deutschland?
Anfänglich soll es rund 400.000 Dosen des Mittels BNT162b2 von Biontech/Pfizer geben. Im Januar könnten nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums drei bis vier Millionen Dosen zur Verfügung stehen. Im ersten Quartal rechnet Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit 11 bis 13 Millionen Impfdosen. Da das Präparat zweimal verabreicht werden muss, würde diese Menge in etwa für 5,5 bis 6,5 Millionen Menschen reichen. Insgesamt hat sich der Bund über einen EU-weiten Schlüssel und nationale Vereinbarungen bisher rund 300 Millionen Dosen gesichert – von Biontech und anderen Herstellern.
Wie wird der Impfstoff deutschlandweit verteilt?
Der Bund lässt das Präparat je nach Bevölkerungsanteil an insgesamt 27 feste Standorte in den Bundesländern liefern. Ab dann sind die Länder für Lagerung und Verteilung sowie die Beschaffung von Impfzubehör wie Lösungsmittel, Spritzen und Kanülen zuständig.
Wie geht das logistisch?
Das Mainzer Unternehmen setzt da auf den US-Partner Pfizer. Dieser kann nach Biontech-Angaben die Impfstoffdosen in seinen weltweiten Vertriebszentren bis zu sechs Monate lagern. Das muss bei minus 70 Grad geschehen. In speziell entwickelten Versandboxen kann das Präparat bei diesen Temperaturen bis zu 15 Tage transportiert werden. Im Kühlschrank ist eine Lagerung bis zu fünf Tage möglich.
Wo wird der Impfstoff produziert? Wie lange dauert das?
Biontech will mit seinem US-Partner noch in diesem Jahr weltweit 50 Millionen Dosen liefern. 2021 sollen dann bis zu 1,3 Milliarden hergestellt werden – etwa in Mainz, Idar-Oberstein und Marburg. Aus der Produktionsanlage in Marburg sollen im ersten Halbjahr bis zu 250 Millionen Dosen kommen. Die Herstellung des Impfstoffs dauere eine Woche, heißt es vom Unternehmen. Qualitätskontrolle und Freigabe benötigten dann weitere drei Wochen. Zudem haben Biontech wie auch andere Hersteller schon vor einer Zulassung auf Halde produziert.
Wo werden die Impfungen gemacht?
In der Anfangsphase in regionalen Impfzentren, die von den Ländern eingerichtet und betrieben werden. Eine Kühlung von minus 70 Grad ist nicht in jeder Arztpraxis möglich. Bis zu 442 Impfzentren sollen deutschlandweit zur Verfügung stehen. Zehntausende Ärztinnen und Ärzte sowie weitere Helfer haben sich für Einsätze gemeldet. Mobile Impfteams sollen etwa in Pflegeheime und Krankenhäuser gehen.
Wann geht es los mit den ersten Injektionen?
Nach grünem Licht der Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und der Zulassung der EU-Kommission will Deutschland ab dem 27. Dezember mit Impfungen starten. In den Tagen dazwischen will das bundeseigene Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Impfchargen prüfen und freigeben.
Was ist mit den anderen Impfstoffen?
Über das Präparat von Moderna will die EMA bis zum 6. Januar entscheiden. Neben den 300 Millionen Biontech-Dosen hat sich die EU auch 160 Millionen von Moderna gesichert. Bei Astrazeneca (400 Millionen Dosen) und Janssen Pharmaceutica (Dosen für 400 Millionen Menschen) hat die EMA ihre Prüfungen begonnen. Daneben hat die EU-Kommission Verträge mit Sanofi-GSK (300 Millionen Dosen) und Curevac (405 Millionen); mit Novavax (200 Millionen) ist Brüssel in Gesprächen. Die Impfstoffe werden unter den Mitgliedsstaaten nach Bevölkerungsanteil verteilt.
Wirkt der Impfstoff bei der neu aufgetauchten Virusvariante schlechter?
Vermutlich nicht. "Ich sehe da derzeit keinen Grund für Alarm", sagt Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel. Auch Andreas Bergthaler von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (CeMM) in Wien, hält die derzeitige Entwicklung nicht für "wahnsinnig alarmierend". Dass Mutationen auftauchen, sei nicht ungewöhnlich, derzeit wisse man nicht, ob die beobachteten Veränderungen die Eigenschaften des Erregers überhaupt entscheidend beeinflussen.
Wer kann sich zuerst impfen lassen, wer muss am längsten warten?
Nach der Impfverordnung des Bundes sollen anfangs Ältere über 80 Jahre und Pflegeheimbewohner zum Zuge kommen können, zudem Personal etwa in Notaufnahmen oder Corona-Stationen sowie in der Altenpflege. Insgesamt umfasst diese Gruppe der Ständigen Impfkommission (Stiko) beim Robert Koch-Institut (RKI) zufolge rund 8,6 Millionen Menschen. Zu denen, die am wenigsten dringlich zu impfen sind, gehören im Allgemeinen Menschen unter 60 Jahre, die weder Vorerkrankungen haben, noch mit Risikopatienten in Kontakt kommen oder berufsbedingt viele Menschen treffen. Das entspricht etwa 45 Millionen Menschen.