Anerkennung von E-Sport: Ego-Shooter als ethisches Problem

Seite 2: Keine Abkürzung über Olympia

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Den Vertretern des E-Sports wie dem Ende 2017 gegründeten eSport-Bund Deutschland (ESDB) ist eine solche Gewöhnungs- und Diskussionsphase nicht genug. Sie plädieren auf eine möglichst schnelle Anerkennung, die dann unmittelbare Vorteile wie Steuerbefreiuung für Vereine oder vereinfachte Einreiseprozesse bei internationalen Turnieren. Eine organisatorische Abkürzung gäbe es über das Internationale Olympische Kommittee (IOC), das durch die Aufnahme von E-Sport diesen Schritt auch für die nationalen Sportverbände zur Pflicht machen könne.

Doch bei einem Treffen in Lausanne hatte IOC-Präsident Thomas Bach im Juli solchen Plänen eine Absage erteilt: So gebe es eine rote Linie, wenn es um Verherrlichung von Gewalt gehe. Der DFB öffnet seine Vereinsstrukturen zwar für Sportsimulationen wie FIFA, First-Person-Shooter lehnt der wichtigste Sportverband aber strikt ab.

Die Vertreter des E-Sports argumentierten auf dem Gamescom Congress mit dem Nutzen der Vereine für die Allgemeinheit. Der Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek (CDU) kann sich auch ein wirtschaftliches Motiv vorstellen. So würde durch eine Anerkennung des E-Sports als Sport auch Wetten auf die Turniere legal. Ergebnis sei ein neuer Milliardenmarkt. "Ich höre Stimmen aus den Bundesländern, die das durchaus interessant finden", sagte der Bundestagsabgeordnete in Köln.

Unterdessen tut sich auch die Sportwissenschaft schwer mit dem relativ neuen Phänomen. So versuchten Forscher der Deutschen Sporthochschule Köln seit Jahren die sportlichen Aspekte von FIFA, Counter-Strike und Co zu erforschen – und landeten dabei immer wieder in einer Sackgasse. Trainingsprogramme für E-Sportler, um beispielsweise Rückenbeschwerden vorzubeugen, stießen aber auf wenig Interesse. "Das Motiv Bildung und Gesundheit sind unsexy", erklärte Sportwissenschaftler Dr. Christopher Grieben auf dem Gamescom Congress. Erst als man den E-Sportlern vermitteln konnte, dass sich durch eine gesteigerte allgemeine Fitness auch die Leistung am Computer erhöhe, sei man ins Gespräch gekommen.

Dabei steht die Forschung hier noch am Anfang. Die Sportwissenschaftler scheitern zum Beispiel noch daran, die Stärke einzelner E-Sportler zu bewerten. Etablierte Methoden wie die Messung der Lungenkapazität sind hier wenig aussagekräftig. Auch lässt sich bei Spielen im Team-Modus mit verteilten Rollen nicht ohne weiteres ermitteln, welcher Spieler der stärkste ist und welche Kompetenzen dieser verbessern muss, um das Team am effektivsten weiterzubringen. Um hier mehr Daten zu gewinnen, hat die Sporthochschule begonnen, E-Sportler systematisch auf Kompetenzen wie Reaktionsfähigkeit und motorische Fähigkeiten zu testen.

Der E-Sport hat auch mit einem weiteren Image-Problem zu kämpfen seit die Weltgesundheitsorganisation WHO Gaming-Sucht als Krankheit anerkannt hat. Auf der Gamescom zog dieser Schritt massive Kritik auf sich. Maren Schulz vom Branchenverband Game warf der WHO vor, einen unausgegorenen Kriterienkatalog veröffentlicht zu haben, der Computerspiele insgesamt stigmatisiere.

Für den SPD-Landtagsabgeordneten Josef Neumann jedoch rät der Spiele-Branche, das Problem pragmatisch zu sehen: "Dieser Schritt ist für die Betroffenen eine wichtige Chance, um an Hilfe zu kommen", sagte der Fachpolitiker. Zwar seien weitere Forschungen unabdingbar, nun sei es den Betroffenen aber bereits möglich, medizinische Hilfe zu suchen. (anw)