Der Onlinehandel wächst und wächst und wächst

Auch im zweiten Coronajahr boomt der E-Commerce. In den Fußgängerzonen bleiben die Kunden weg. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer für die Innenstädte.

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(Bild: KellySHUTSTOC / Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Erich Reimann
  • dpa
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Jeder siebte Euro, den die Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr für Lebensmittel, Elektronik, Möbel und Bekleidung ausgaben, landete in den Kassen des Onlinehandels. Lässt man Lebensmittel beiseite, so sicherten sich Amazon und seine Rivalen sogar ein Fünftel des Geldes, wie der Branchenverband BEVH am Donnerstag mitteilte. Gerade in der Pandemie boomt der Onlinehandel.

"E-Commerce wird immer mehr als das Normale und Übliche empfunden. Sein Wachstum stabilisiert sich auf hohem Niveau", sagt BEVH-Präsident Gero Furchheim. Im Ausnahmezustand der Pandemie vermittele der digitale Handel mit der sicheren Warenversorgung ein Stück Normalität. "Handel ohne E-Commerce ist schon jetzt nicht mehr denkbar, weder für die Konsumenten noch für die Händler."

Die alte Regel, dass der Onlinehandel vor allem von Jüngeren genutzt werde, gelte seit Pandemiebeginn nicht mehr. Käufer ab 50 Jahren seien 2021 für mindestens die Hälfte alle Einkäufe im Internet verantwortlich gewesen, berichtet der BEVH. Und der Anteil "zufriedener" und "sehr zufriedener" Onlinekäufer habe mit 96,3 Prozent einen Rekordwert erreicht.

Kein Wunder also, dass der Onlinehandel auch in diesem Jahr eine Fortsetzung des Booms erwartet. Der Verband geht davon aus, dass die Umsätze mit Waren um weitere 12 Prozent auf mehr als 110 Milliarden Euro wachsen. Und auch in den Jahren danach rechnet die Branche mit Wachstumsraten über 10 Prozent.

Die Euphorie im Onlinehandel steht in dramatischem Kontrast zur Lage vieler Mode-, Schuh- und Elektronikhändler in den Fußgängerzonen und Einkaufszentren, die unter ausbleibenden Kunden und Umsatzeinbrüchen leiden.

Ketten wie Douglas, Media Markt, Saturn, oder Ikea versuchen, sich mit eigenen Onlineshops gegen die Konkurrenz zu behaupten – einige durchaus mit Erfolg. In einer Aufstellung des Handelsinstitutes EHI der 100 größten deutschen Onlineshops platzierten sich Media Markt, Saturn, Ikea und H&M unter den Top 10 der umsatzstärksten Anbieter – mit deutlichem Abstand hinter Spitzenreiter Amazon. Andere wie C&A (Platz 83) und Galeria (Platz 90) rangierten unter ferner liefen.

Konkret: Der Elektronikhändler Ceconomy mit seinen Ketten Saturn und Media Markt steigerte seine Online-Umsätze um 65 Prozent und konnte damit den pandemiebedingten Rückgang im stationären Geschäft mehr als wettmachen. Innerhalb von zwei Jahren hat sich der Onlineumsatz des Konzerns mehr als verdoppelt. Er liegt bei 6,9 Milliarden Euro. Damit entfällt ein Drittel des gesamten Geschäfts auf den E-Commerce.

Deutschlands größter Möbelhändler Ikea konnte seine Onlineumsätze sogar mehr als verdoppeln und den Onlineanteil am Umsatz auf 34,3 Prozent steigern. Dennoch verlor der Möbelriese unter dem Druck der Online-Konkurrenz erstmals seit langem Marktanteile.

Deutschlands größte Parfümeriekette Douglas (Platz 21) konnte im Geschäftsjahr 2020/21 dank einer Umsatzsteigerung von fast 50 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro im Onlinehandel den pandemiebedingten Rückgang im Filialgeschäft von rund 19 Prozent weitgehend ausgleichen.

Doch längst nicht alle bekannten Handelsketten sind so erfolgreich. Deutschlands letzte große Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof etwa kann bislang die pandemiebedingten Einbußen in ihren Häusern nicht annähernd durch das eigene Onlinegeschäft kompensieren.

Das gilt erst recht für viele kleinere Händler. Sie haben ein doppeltes Problem: Erstens ist es für sie schwer, im Internet überhaupt wahrgenommen zu werden. Zweitens ist der Preiskampf wegen der einfachen Vergleichsmöglichkeiten noch härter als im Laden.

Die beste Strategie scheint da für viele, die eigene Ware auf einem Marktplatz wie Amazon oder eBay anzubieten. Laut BEVH entfielen 2021 gut die Hälfte der Umsätze im Onlinehandel auf Marktplätze. Doch die Konkurrenz ist auch hier groß.

Erschwert wird den klassischen Händlern das Überleben aber auch dadurch, dass immer mehr Hersteller den Onlinehandel nutzen, um den Handel zu umgehen und ihre Ware direkt an die Kunden zu verkaufen. Laut BEVH stieg das Versandvolumen der Hersteller im vergangenen Jahr um 25,4 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Capgemini ist der Einkauf direkt beim Hersteller vor allem bei jungen Menschen beliebt.

Dennoch gibt es einen Hoffnungsschimmer für die Händler in den Fußgängerzonen. In derselben Umfrage kündigten 63 Prozent der befragten Verbraucher an, dass sie nach dem Ende der Pandemie wieder in größerem Umfang in stationären Ladengeschäften einkaufen wollen.

(mho)