Deutsche 5G-Netze: Bis 2029 keine kritischen Komponenten von Huawei mehr

Bundesregierung und Netzbetreiber haben sich offenbar auf einen Kompromiss verständigt, wie mit Huawei-Technik umzugehen ist. Nicht alles muss raus.​

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Das Huawei-Logo an eine Wand projiziert; im Vordergrund Schattenrisse zweier Menschen

(Bild: heise online/vbr)

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Im Streit um den Einsatz von Technik chinesischer Hersteller in den deutschen Mobilfunknetzen zeichnet sich eine Lösung ab. Die Bundesregierung und die Mobilfunknetzbetreiber haben sich grundsätzlich darauf verständigt, bis 2029 für kritische Komponenten der Funknetze keine Technik von Huawei oder ZTE mehr einzusetzen.

"Es gibt eine Entscheidung über das weitere Vorgehen", bestätigte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums (BMI) entsprechende Berichte der Süddeutschen Zeitung und des NDR. Unterschrieben ist aber offenbar noch nichts, weshalb BMI und Netzbetreiber noch keine Einzelheiten verraten wollen.

Laut Informationen aus Branchenkreisen sieht der Kompromiss vor, dass im Kernnetz ab 2026 keine Komponenten der chinesischen Hersteller mehr eingesetzt werden. Die Netzbetreiber haben hier längst mit dem Rückbau begonnen, in den Kernnetzen spielt Huawei schon jetzt keine wesentliche Rolle mehr. ZTE ist auf dem deutschen Markt ohnehin kaum vertreten.

Gestritten wurde zuletzt um die Frage, wie und bis wann der Rückbau in den Funknetzen erfolgen soll. Hier drängte die Bundesregierung zunächst darauf, Huawei-Technik vollständig zu entfernen – und das auch zeitnah bis 2026. Die Netzbetreiber warnten, dass darunter die Netzqualität leiden und Kosten steigen würden. Auch mögliche Schadensersatzforderungen standen im Raum.

Für das Funknetz sieht der Kompromiss nun offenbar vor, dass Huawei-Technik bis 2029 nicht mehr für kritische Komponenten eingesetzt wird. Dabei geht es insbesondere um Network Management Systeme (NMS), die den Betrieb der Antennen und Basisstationen gewährleisten. Die Antennen selbst sind unkritisch und können theoretisch auch mit einem NMS eines anderen Herstellers betrieben werden.

Dafür müsste Huawei die proprietären Schnittstellen der Antennentechnik für Drittanbieter öffnen. Ob Huawei diesen Schritt macht, ist noch völlig offen. Das Unternehmen hat darüber hinaus noch weitere Optionen. Huawei habe noch keine Kenntnis einer Einigung, sagte ein Sprecher am Mittwochabend. Der Ausrüster wartet mit einer Stellungnahme, bis es eine offizielle Erklärung der Bundesregierung gibt.

Der Regierung schwebt offenbar eine Allianz für offene Schnittstellen vor. Während es bei Mobilfunknetzen bereits Tendenzen zur Öffnung und Experimente mit offenen Standards wie Open RAN gibt, ist das klassische Geschäftsmodell von Ausrüstern wie Huawei, Ericsson oder Nokia, geschlossene Systeme aus proprietärer Hardware und Software zu verkaufen.

Durch die Frist bis 2029 haben die Netzbetreiber nun einigen Spielraum. Sollte Huawei sich weigern, seine Schnittstellen zu öffnen, könnten die Netzbetreiber die Antennen bis 2029 auswechseln. Erste 5G-Antennen sind seit etwa fünf Jahren in Betrieb, das entspräche dann etwa einem normalen Lebenszyklus.

Und auch wenn Huawei dieser Allianz für offene Schnittstellen beitreten sollte, dürfte es einige Zeit dauern, bis Software von Drittanbietern so auf die Antennen angepasst ist, dass sie im Live-Betrieb einsetzbar ist. Die Erfahrungen mit Open RAN zeigen, dass diese Abstimmung alles andere als ein Kinderspiel ist. Immerhin ist in diesem Szenario denkbar, dass Huawei weiter Antennen an deutsche Netzbetreiber verkaufen kann.

Seitens der Bundesregierung versuchen Auswärtiges Amt, das Wirtschaftsministerium, das BMI und das Kanzleramt seit Jahren, Huawei aus den deutschen Mobilfunknetzen zu verdrängen. Das wird getrieben von der Sorge, dass China über Anbieter wie Huawei Zugriff auf deutsche Handynetze bekommen könnte. Auch Spionage wird befürchtet.

Die Netzbetreiber bestreiten, dass die von der Politik befürchteten Sicherheitsrisiken bestehen und eine wirkliche Bedrohung sind. Auch die chinesischen Unternehmen Huawei und ZTE weisen die Vorwürfe zurück. Beweise für die von der Politik erhobenen Vorwürfe sind bisher nicht bekannt.

"Die Bundesregierung handelt dabei auf der Grundlage der Nationalen Sicherheitsstrategie und der China-Strategie, um mögliche Sicherheitsrisiken und Abhängigkeiten zu reduzieren", heißt es aus dem BMI. Auch in den USA, der EU, in Kanada und weiteren Ländern stehen Huawei und ZTE unter Druck.

(vbr)