Umfrage unter Angestellten: Immer mehr gehen mit Faust in der Tasche zur Arbeit​

Nicht nur die konjunkturellen Aussichten in Deutschland trüben sich ein: Auch die Zufriedenheit unter den Angestellten ist einer Umfrage nach im Abschwung.​

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Mann mit gequältem Lächeln vor einem Laptop.

(Bild: StockLite/Shutterstock.com)

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Unter den Beschäftigten in Deutschland hat sich die Stimmung laut einer Umfrage der Meinungsforscher von Gallup zunehmend verschlechtert: Nur noch 45 Prozent fühlten sich zufrieden und schauten zuversichtlich in die Zukunft – 8 Prozentpunkte weniger als noch im Vorjahr. Zugleich sei die Zahl der Befragten, die sich gestresst bezeichneten, mit 41 Prozent über dem europäischen Durchschnitt (37 Prozent). Die Zahl der Gestressten sei im Vorjahresvergleich aber immerhin um einen Prozentpunkt gesunken.

Im europäischen Vergleich sieht Gallup den Zufriedenheitswert deutscher Angestellten auf Platz 20 von 38. Auch in anderen Ländern Europas habe die Zufriedenheit abgenommen, eine ähnlich negative Entwicklung wie in Deutschland sei aber sonst nur in Irland zu beobachten gewesen. Am zufriedensten seien die Angestellten in Finnland (83 Prozent), Dänemark (77 Prozent) und Island (76 Prozent). Für den Gallup-Bericht "State of the Global Workplace 2024" wurden den Angaben nach über 128.000 Angestellte in 145 Ländern (38 in Europa) zu Themen wie dem Arbeitsmarkt, emotionaler Mitarbeiterbindung und Stress befragt.

"Zum einen belastet der Arbeitskräftemangel in vielen Branchen diejenigen Arbeitnehmenden, die ihn kompensieren müssen. Darüber hinaus erwecken die aktuellen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Diskussionen oft den Eindruck, als käme Deutschland aus dem Krisenmodus gar nicht mehr heraus", kommentierte Meinungsforscher Marco Nink von Gallup die Ergebnisse. Seiner Ansicht nach handele es sich hier auch nicht um "Jammern auf hohem Niveau", sondern um einen weiteren Risikofaktor auf einem ohnehin angeschlagenen Arbeitsmarkt.

Als ein mögliches Risiko nennt Gallup Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Angestellten und damit verbundene höhere Fehlzeiten. Ergebnisse aus einer anderen Erhebung hätten zudem auch noch eine anhaltend hohe Burnout-Gefahr aufgezeigt. So würden derzeit über ein Drittel der Befragten in Deutschland angeben (37 Prozent), dass sie in den vergangenen 30 Tagen das Gefühl hatten, aufgrund von Arbeitsstress innerlich ausgebrannt zu sein. Nur noch 36 Prozent würden sagen, ihre Arbeit erlaube es ihnen, ausreichend Zeit mit der Familie und Freunden zu verbringen. 2021 seien das noch 42 Prozent gewesen. Und nur 28 Prozent stimmten der Aussage zu, dass es ihnen leicht falle, in der Freizeit von der Arbeit abzuschalten.

Hinzu komme, dass der Stresspegel auch noch für Wut sorge. Demnach sei ein Viertel der Befragten, die über Stress geklagt hatten, auch wütend gewesen. Gallup sieht hier verschiedene Faktoren zusammenwirken: Starke Belastungen würden von Führungskräften nicht gesehen oder nichts dagegen getan; Probleme wie Zeitdruck, fehlende Informationen, ständige Unterbrechungen und Überforderung blieben ungelöst. All das lasse Stress in Wut umschlagen.

Gallup empfiehlt den Firmen als Gegenmittel eine bessere Führungskultur und die emotionale Bindung ans Unternehmen zu fördern. "Wenn eine Führungskraft die emotionalen Bedürfnisse bei der Arbeit erfüllt, etwa indem sie den Teammitgliedern zuhört und sie einbindet, für geleistete Arbeit Wertschätzung zeigt oder sie in ihrer Entwicklung fördert, entsteht hohe emotionale Bindung", sagt Nink. Angestellte mit hoher Bindung seien deutlich zufriedener und zuversichtlicher als die ohne.

In Deutschland liegt die emotionale Bindung an Firmen Gallup zufolge eher brach – mit 15 Prozent sei sie nur knapp über dem europäischen Durchschnitt (13 Prozent). Allerdings gebe es auch hierzulande Firmen, bei denen sich über 60 Prozent der Mitarbeiter emotional ans Unternehmen bänden. Diese Unternehmen kümmerten sich aber auch aktiv um gute Führungsqualität, was ihnen Vorteile wie deutlich geringere Fehlzeiten und niedrigere Mitarbeiterfluktuation einbrächte.

(axk)