Zweiter deutscher Exascale-Supercomputer für Stuttgart angekündigt

Im HLR Stuttgart entstehen bis 2027 zwei neue Supercomputer. Ihr Aufbau ist untypisch – sie verzichten auf klassische CPUs.

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Rechenzentrum

Ein imaginärer Server; von Hunter und Herder gibt es noch kein Bildmaterial.

(Bild: IM Imagery/Shutterstock.com)

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Das Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart (HLRS) hat den zweiten deutschen Supercomputer der Exascale-Klasse angekündigt – Herder getauft. Bis zu dessen Bau vergeht allerdings noch einige Zeit: Erst 2027 soll er entstehen. Übergangsweise kommt im Jahr 2025 Hunter als Zwischenschritt.

Hunter folgt auf das bisherige System Hawk. Letzterer stemmt den Hauptteil seiner Rechenleistung über AMD-Prozessoren vom Typ Epyc 7742 mit je 64 Zen-2-Kernen. Insgesamt 11.264 CPUs mit 720.896 CPU-Kernen sitzen im Hawk und schaffen theoretisch 26 FP64-Petaflops, also 26 Billiarden Operationen pro Sekunde (26*1012). Exascale-Systeme schaffen mindestens eine Trillion Operationen pro Sekunde. Im Jahr 2021 hat Hawk eine Erweiterung um KI-Nodes mit insgesamt 192 A100-Beschleunigern von Nvidia erhalten.

Hunter verzichtet auf die Trennung zwischen CPUs und GPUs. In ihm kommen AMDs Instinct-MI300A-Beschleuniger zum Einsatz, die außer je 14.592 Shadern auch je ein CPU-Chiplet mit 24 Zen-4-Kernen integrieren. Dadurch sind keine eigenständigen Prozessoren mehr notwendig, die die Rechenlast auf die GPUs verteilen.

Das Übergangssystem soll eine FP64-Rechenleistung von 39 Petaflops schaffen. Je nach Rechnung reichen dafür circa 210 bis 640 MI300A-Beschleuniger: 210, wenn man die Rechenleistung sowohl der Matrix-Kerne (Multiply-Add-Einheiten) als auch der Shader zusammenrechnet, 640, wenn man nur die Shader zählt. Da das HLRS die Spitzenrechenlast gegenüber Hawk um 80 Prozent auf offenbar unter ein Megawatt senken will, erscheinen um die 200 bis 300 MI300A-Beschleuniger realistisch. Noch mehr Rechenleistung schaffen die Beschleuniger mit einfacheren Datenformaten, etwa fürs KI-Training.

Der bisherige HLRS-Supercomputer Hawk. In den vorderen Ranks münden die Schläuche für die Wasserkühlung.

(Bild: HLRS)

Strom spart Hunter durch das Weglassen der reinen CPUs und des separaten Arbeitsspeichers – HBM3-Bausteine sind direkt in die Beschleuniger integriert. Diese Bauweise spart auch Strom bei Datenbewegungen, da die CPU-Kerne und GPU gemeinsam auf den Speicher zugreifen können.

Bis Ende 2025 wollen sich die Verantwortlichen entscheiden, welche Hardware in das Exascale-System Herder kommt. Fest steht nur, dass auch dort Kombibeschleuniger mit integrierten CPUs eingesetzt werden. Da Hunter den Übergang ebnen soll, indem Entwickler ihre Anwendungen umschreiben können, wäre ein MI300A-Nachfolger wahrscheinlich.

Hunter und Herdes zusammen kostem etwa 115 Millionen Euro. Damit ist vor allem das Exascale-System vergleichsweise günstig. Der ebenfalls deutsche Exascale-Supercomputer Jupiter etwa kostet 273 Millionen Euro. Die Hälfte der Mittel stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bereit, die andere Hälfte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg. HPE baut beide Supercomputer.

Zum Einsatzzweck von Hunter und Herder schreibt das HLRS:

"Hunter und Herder werden einige Forschungsanwendungen in den Ingenieur- und angewandten Wissenschaften unterstützen: Sie werden beispielsweise die Entwicklung von Fahrzeugen mit geringerem Kraftstoffverbrauch, produktiveren Windturbinen, neuen Materialien für die Elektronik und vieles mehr ermöglichen. Mithilfe der KI-Fähigkeiten lassen sich neue Lösungen für die Fertigung finden und innovative Ansätze entwickeln, um groß angelegte Simulationen schneller und energieeffizienter zu gestalten. Darüber hinaus werden die Systeme die Forschung zur Bewältigung globaler Herausforderungen wie des Klimawandels unterstützen und Ressourcen für Datenanalysen bereitstellen, die Behörden bei der Vorbereitung auf Krisensituationen helfen könnten. Hunter und Herder werden auch der baden-württembergischen Hightech-Ingenieurslandschaft zur Verfügung stehen, u.a. kleinen und mittelständischen Unternehmen, die das Rückgrat der regionalen Wirtschaft bilden."

Sowohl das Stuttgarter HLR mit Hunter und Herder als auch das Jülich Supercomputing Centre (JSC) mit Jupiter gehören zum Gauss Centre for Supercomputing (GCS).

Das HLRS von oben.

(Bild: HLRS)

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Korrektur: Hunter und Herdes kosten zusammen 115 Millionen Euro.

Update

Die 26 Petaflops von Hawk stemmen ausschließlich die Epyc-Prozessoren. Die A100-Nodes für KI-Anwendungen wurden nachgerüstet und sind in der Angabe nicht enthalten. Wir haben den Text entsprechend angepasst.

(mma)