Deutschland bleibt bei Breitbandnutzung in der EU in der 2. Liga

Laut der aktuellen Rangliste der EU-Kommission liegt die Bundesrepublik bei schnellen Internetzugängen auf Platz 11 und bleibt so hinter dem EU-Durchschnitt zurück, was die Telekom-Konkurrenten fuchsig macht.

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Laut der aktuellen Rangliste der EU-Kommission liegt Deutschland bei der Verbreitung schneller Internetzugänge auf Platz 11 und bleibt damit hinter dem EU-Durchschnitt zurück. Erst zehn Prozent der Bundesbürger haben demnach einen Breitbandanschluss, während etwa bereits 22 Prozent der Niederländer und Dänen sowie 19 Prozent der Finnen mit schneller Technik als Analog- oder ISDN-Anschluss durchs Netz brausen. Die Bundesrepublik teilt sich ihren Rang laut dem heise online vorliegenden Papier mit Ländern wie Malta, Portugal oder Spanien. Der Mittelwert der Durchdringungsrate mit Breitbandanschlüssen liegt in den 25 EU-Mitgliedsstaaten bei 11 Prozent. Deutschland hat sich mit dem Ergebnis zwar leicht verbessert, da es im Vorjahr noch auf Platz 13 landete. Die Zahlen sind allerdings nicht ganz vergleichbar, weil in der Statistik 2004 die zehn neuen EU-Mitgliedsstaaten noch nicht mit erfasst waren. In der Jahreswertung von 2001 landete die Bundesrepublik noch auf Rang 6.

Erfasst hat die Kommission den nationalen Stand in den Mitgliedsstaaten bis zum 1. Juli 2005. Insgesamt gab es zu diesem Zeitpunkt etwas über 48 Millionen Breitbandanschlüsse in der EU, was einem Wachstum von 22 Prozent im Vergleich zum Jahresanfang entspricht. 80,2 Prozent davon entfielen auf DSL-Verbindungen, knapp 20 Prozent auf andere Übertragungswege, hauptsächlich das TV-Breitbandkabel. Schnelle mobile Internetzugänge wie UMTS hat die Kommission noch nicht erfasst. Die alteingesessenen Telcos beherrschen 51,5 Prozent des Marktes und verloren damit weiter in der Gunst der Kunden. Mitte 2002 lag ihr Anteil noch bei 63 Prozent. Zwischen Juli 2004 und 2005 entschlossen sich über 18 Millionen Haushalte neu für einen Breitbandanschluss – ein Zuwachs von fast 62 Prozent.

In absoluten Anschlusszahlen gesehen steht Deutschland bei den Breitbandanschlüssen mit 8,45 Millionen zwar noch auf dem Siegerpodest ganz oben und beansprucht 17 Prozent des Marktes für sich. Frankreich und Großbritannien folgen aber mit nur noch wenigen 100.000 Zählern Differenz. Die neuen Mitgliedsstaaten repräsentieren nur vier Prozent des EU-Gesamtaufkommens bei den schnellen Internetzugängen. Bei den Neuanschlüssen liegen die Bundesbürger auf Rang 3 hinter den Briten und Franzosen. Kabelanschlüsse fallen hierzulande mit einer Verbreitung in knapp 300.000 Haushalten bislang so gut wie nicht ins Gewicht. In Großbritannien beläuft sich diese Zahl auf fast 2,3 Millionen.

Hierzulande geben die Konkurrenten der Deutschen Telekom dem Regulierer und dem Gesetzgeber eine Mitschuld an der schleppenden Breitbandverbreitung, die auch nicht den Vorstellungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel entspricht. Zu lange habe es etwa gedauert, bis der Festnetzanschluss beispielsweise über so genannte Angebote zum Bitstromzugang zumindest theoretisch für DSL-Verbindungen entkoppelt worden sei, heißt es. Darin sehen die Herausforderer aber eine wesentliche Bedingung für eigene, tariflich frei zu gestaltende Breitbandangebote.

Große Sorgen macht sich angesichts dieser Situation der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco über die Ankündigung der Bundesnetzagentur, noch keinen Regulierungsbedarf bei VDSL-Verbindungen (Very High Data Rate Digital Subscriber Line) zu sehen. In einem heise online vorliegenden Schreiben an die Kommission beschwert sich die Providervereinigung, dass die Regulierungsbehörde diese besonders schnellen Breitbandanschlüsse aus ihrer Marktanalyse heraushalten will. Nach Einschätzung des eco umfasst der Markt für Breitbandzugänge für Großkunden ebenfalls Vorleistungen hinsichtlich des Zugangs zu VDSL-Verbindungen. Die von der Bundesnetzagentur vorgeschlagene Marktabgrenzung und -definition genüge damit nicht den "Anforderungen einer technologieneutralen und vorausschauenden Regulierung und Analyse". Dass es derzeit noch keine auf VDSL aufsetzenden Endkundenprodukte gebe, sei angesichts der schnellen Marktentwicklung nicht ausschlaggebend. Gleichzeitig beklagt der Verband, dass den Wettbewerbern in Deutschland derzeit kein Vorleistungsprodukt beim Bitstromzugang trotz einer Empfehlung der Kommission zur Verfügung stehe.

Die Telekom experimentiert seit Mitte des Jahres mit VDSL und hat bereits Pilotprojekte in Stuttgart und Hamburg gestartet. Sie will dabei Übertragungsraten von bis zu 25 MBit/s erreichen. Bei der Technik wird nur ein kurzes Stück Kupferkabel auf der Anschlussleitung zum Teilnehmer eingesetzt, die längere Zuführung bis zum Outdoor-DSLAM-Verknüpfungspunkt (Digital Subscriber Line Access Multiplexer) kann über Glasfaser erfolgen. Damit wäre es der Telekom einfacher möglich, auch Gebiete in Ostdeutschland mit Breitband versorgen, die bislang angesichts fehlender Kupferleitungen nicht in den DSL-Genuss kommen. (Stefan Krempl) / (jk)