Deutschland.info für eine Million

Die neuen Top Level Domains scheinen Glücksritter und Domainhändler magisch anzuziehen.

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Von
  • Monika Ermert

Die neuen Top Level Domains (TLDs) scheinen Glücksritter und Domainhändler magisch anzuziehen. Noch bevor ihm die Domain deutschland.info sicher ist, bietet ein Unternehmer die Adresse über die Kölner Domainbörse Sedo meistbietend zum Verkauf an. Stolz verkündete Sedo-Chef Tim Schumacher das geforderte Mindestgebot von 1 Million Mark. "Selbstverständlich wissen wir noch nicht, ob die Domain dann tatsächlich bei uns über den Ladentisch gehen kann", musste Schumacher gegenüber heise online zugestehen: Denn in einer zweiten Phase des Registrierprozedere für die neue TLD .info muss sich der derzeitige Inhaber gegen mögliche andere Interessenten durchsetzen, die irgendeine Art von Markeneintragung auf "Deutschland" geltend machen können.

Laut der Whois-Angabe zum aktuellen Inhaber von deutschland.info war ein Mister Ralph Dressel der Glückliche, der in der ersten Registrierrunde für Info-Domains beim Anbieter Afilias den Zuschlag für die Domain erhalten hat. Als Legitimation für seine Registrierung innerhalb der so genannten Sunrise-Phase, in der Markeninhaber bevorzugt registrieren können, gibt Mr. Dressel die US-Markennummer 32637623767 an. Ein erster Check beim United Patent and Trademark Office (USPTO) führt allerdings lediglich einen deutschen Weinerzeuger und einen deutschen Wodkaimporteur als Markeninhaber für Deutschland auf.

"Wo der Anbieter seine Markeneintragung hat, wissen wir nicht. Aber auf jeden Fall hat er eine", sagt Sedo-Auktionator Schumacher. Dieser Umkehrschluss aus der Eintragung von deutschland.info bei Afilias beruht allerdings auf einem Irrtum, denn die Afilias-Registrare waren keineswegs dazu verpflichtet, die Markenansprüche der Erstregistrierer zu prüfen. Daher kann Sedo, die bei erfolgreicher Versteigerung 7,5 Prozent vom Kaufpreis verdienen, keineswegs garantieren, dass Mr. Dressel die Domain überhaupt verkaufen kann. Potenzielle Bieter seien aber auf jeden Fall dadurch geschützt, dass eine Übertragung der Domain und die Bezahlung des Kaufpreises nicht vor dem 19. September erfolgen würden, so Schumacher.

Zu diesem Zeitpunkt aber dürfte der große Hickhack um die unter Markenrecht registrierten Info-Domains noch in vollem Gange sein. Denn laut Afilias-Statuten können bis zu 180 Tage nach dem Ende der Sunrise-Periode noch Einsprüche gegen diese Vorregistrierungen erhoben werden: "Afilias wird die Domainnamen, die innerhalb der Sunrise-Periode registriert sind, für 180 Tage nach der Sunrise-Periode blockieren." Ausnahmen für eine Übertragung in dieser Zeit sind lediglich erfolgreiche Klagen vor der eigens damit betrauten WIPO-Schiedsstelle, einer anderen Schiedsstelle für die Domainschiedsverfahren oder vor einem Gericht. Wer eine info-Domain auf diesem Weg kaufen will, sollte sich vorher genau darüber informieren, ob er beim richtigen Verkäufer ist.

Sedo, an denen seit Beginn des Jahres 1 & 1 zu 41 Prozent beteiligt ist, übernimmt dafür offensichtlich keine Garantie, man verspricht aber als "Treuhänder" über die Abwicklung zu wachen. Schumacher schätzt, dass über 50 Prozent der info-Domains unter den Hammer kommen könnten, es werde ähnlich wie in anderen Adressbereichen auch sein. Derzeit bietet Sedo etwa "england.de" für ein Einstiegsgebot von 100.000 Mark an. Den besten Schnitt hat man beim Verkauf von schwule.de für 40.000 Mark gemacht. Übrigens können die Domainmakler umgangen werden, indem man sich direkt an die entsprechenden Domaininhaber wendet.

Ralph Dressel seinerseits beteuerte allerdings auf Anfrage von heise online, dass er und seine Partner nicht auf einen Verkauf ausseien. Er plane seit drei Jahren ein Informationsportal über Deutschland, das Ende November online gehen soll. Da er von verschiedenen Seiten Anfragen erhalten hätte, ob er die Domain nicht verkaufen wolle, habe er den Preis von einer Million genannt. "Das ist ungefähr das, was unsere bisherigen Investitionen decken würde", behauptet Dressel. Die Frage, ob er auch in weitere Domains investiert hat und diese vielleicht ebenso anbieten würde, mochte Dressel nicht beantworten.

Angesichts dieser Entwicklung wirken allerdings die vollmundigen Ankündigungen von Afilias, dass man Cyberpiraterie und Domaingrabbing durch ein Vorregistrierrecht von Markeninhabern vorgebeugt habe, doch recht hilflos. Vor allem zeigen die Whois-Abfragen unter www.afilias.info, dass vor allem bei Allgemeinbegriffen wild drauflos registriert wurde. Die Eintragung von Marken, die anschließend zur Besetzung von Domains berechtigen, ist ebenfalls zum Sport für Domainhändler geworden. (Monika Ermert) / (jk)