Deutschlands LNG-Pläne: Bund rechnet mit fünf Schiffen und drei Landterminals

Im Jahr 2022 musste es beim Aufbau von LNG-Terminals schnell gehen. Jetzt hat der Bund bekannt gegeben, welche Infrastruktur er wirklich für nötig hält.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 8 Kommentare lesen
Bau des schwimmenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven

Das schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven ging nach kurzer Bauzeit als Erstes an den Start. Deutschland plant noch weitere Flüssigerdgas-Terminals.

(Bild: NPorts)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Das Bundeswirtschaftsministerium hält fünf schwimmende und drei landseitige LNG-Terminals für nötig, um die Versorgungssicherheit bei der Gasversorgung Deutschlands zu gewährleisten. In einem Schreiben an den Haushaltsausschuss des Bundestags hat das Ministerium jetzt ein Gesamtkonzept für die LNG-Infrastruktur vorgelegt. Zuletzt war von verschiedenen Stellen öffentlich angezweifelt worden, ob Deutschland überhaupt so viele LNG-Terminals benötigt, um seinen Gasbedarf abzudecken.

Vor allem die Errichtung von Landterminals wurde mit Blick auf die geplante Klimaneutralität Deutschlands in einem Papier des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) als falscher Schritt bezeichnet. Der Haushaltsausschuss hatte das Ministerium im November aufgefordert, ein Gesamtkonzept vorzulegen, das auch auf Investitions- und Betriebskosten sowie ermittelte und prognostizierte Gasbedarfe eingeht. Mit Blick auf die Zerstörung der Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee wurde auch nach Sicherheitsvorkehrungen gefragt, um die neuen Terminals zu schützen.

Die Stellungnahme des Ministeriums zeigt auf, dass der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine Deutschland bei der Energieversorgung völlig unvorbereitet getroffen hat. Die bald einsetzende Verknappung von Gaslieferungen über Nord Stream 1 und schließlich die Stilllegung im Sommer verlangten nach schnellen Lösungen. Deutschland charterte deshalb fünf FSRUs (Floating Storage and Regasification Unit), schwimmende LNG-Terminals, von denen die erste in Wilhelmshaven noch im Jahr 2022 den Betrieb aufnehmen konnte.

Im Winter 2023/24 sollen neben Wilhelmshaven und Brunsbüttel auch ein zweites schwimmendes Terminal in Wilhelmshaven sowie FSRUs in Stade und Lubmin an den Start gehen. Ein weiteres schwimmendes Terminal in Lubmin, das diesen Winter seinen Betrieb aufgenommen hat, ist ein komplett privates Projekt. Die Bundes‐FSRUs werden durch die Bundesgesellschaft Deutsche Energy Terminal verwaltet. Ihr fallen auch die Einnahmen aus der Vermarktung der Regasifizierungskapazitäten zu, die zurück in den Bundeshaushalt fließen.

Landterminals sind in Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven geplant. Bis Ende 2026 soll zunächst das Terminal in Brunsbüttel an den Start gehen, an dem der Bund zur Hälfte beteiligt ist. Der Hanseatic Energy Hub (HEH) in Stade soll im Jahr 2027 in Betrieb gehen, ein von vornherein auf aus regenerativen Energien hergestelltes Gas spezialisiertes Terminal in Wilhelmshaven soll 2026 starten. Es wird von den Firmen Tree Energy Solutions (TES) und Engie betrieben. Endgültige Investitionsentscheidungen gebe es allerdings noch für keines der Projekte, warnt das Ministerium.

Das Ministerium rechnet unter anderem deshalb mit Sicherheitspuffern, um notfalls die Landterminals mit den schwimmenden Terminals zu ersetzen. Die Überkapazitäten sollen aber auch vermeiden, dass neue Abhängigkeiten entstehen und zum Beispiel ein weiterer Sabotageakt, etwa auf die Pipeline zwischen Norwegen und Deutschland, die Gasversorgung gefährdet. In diesem Jahr könnten über die LNG-Terminals zunächst maximal rund 13,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas importiert werden. Wenn in den Jahren 2024 und 2025 alle fünf vom Bund gecharterten FSRUs im Betrieb sind, seien bis zu 27 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr möglich. In Lubmin plane die Deutsche ReGas außerdem, ihr Terminal ab 2024 auf rund 10 Milliarden Kubikmeter pro Jahr zu erweitern. Zusammen mit den drei Landterminals steige die LNG-Importkapazität auf rund 54 Milliarden Kubikmeter – die Landterminals sollen die jeweiligen FSRUs an den Standorten ablösen.

Die deutschen LNG-Terminals sollen nicht nur den Bedarf Deutschlands abdecken, sondern auch Gas für weitere Staaten importieren. Bedarf wird vor allem bei den östlichen Nachbarländern Tschechien, Slowakei, Österreich, der Ukraine und Moldau gesehen. Der deutsche Gasbedarf, der im Jahr 2021 noch bei 99 Milliarden Kubikmeter und im Jahr 2022 bei 82 Milliarden Kubikmeter lag, wird bis zum Jahr 2030 laut Prognose auf maximal 74 Milliarden Kubikmeter sinken. Sollte er noch niedriger liegen, könne flexibel mit der Außerbetriebnahme schwimmender Terminals reagiert werden. Dass es eine Festlegung auf fossile Brennstoffe gebe, wie es Klima- und Umweltschützer kritisieren, weist das Ministerium zurück. Alle Landterminals sollen "green-ready" gebaut werden, sodass sie später auch Wasserstoff, Ammoniak oder synthetisches Erdgas verarbeiten können.

Deutschlands Gasversorgung hängt aktuell vor allem von Importen aus Norwegen ab, das seine Lieferungen im Jahr 2022 um 15 auf 46 Milliarden Kubikmeter pro Jahr erhöhte. 29 Milliarden Kubikmeter seien für Deutschland, der Rest wird per Transit in andere Länder transportiert. Lieferungen aus den Niederlanden und Belgien bzw. den dortigen LNG-Terminals tragen ebenfalls entscheidend zur Versorgung bei. In Deutschland werden jährlich lediglich 5 Milliarden Kubikmeter gefördert. Die Versorgungslücke aufgrund der Ausfälle russischer Lieferungen liegen laut Ministerium bei 28 Milliarden Kubikmeter. Bis zum Jahr 2030 werde sich die Lücke auf 13 Milliarden Kubikmeter pro Jahr verringern. Aufgrunddessen spielten die Gasspeicher und Einsparbemühungen weiterhin eine große Rolle.

An Kosten plant die Bundesregierung für das Chartern der schwimmenden Terminals und deren bauliche Anbindung bis zum Jahr 2038 insgesamt rund 9,8 Milliarden Euro ein. Ein großer Kostenfaktor seien dabei vor allem die Charterraten für die FSRUs. Pro Jahr und Schiff fallen rund 55 Millionen Euro an Kosten an. Wenig präzise Aussagen trifft das Ministerium zur Absicherung der Anlagen.

(mki)