LNG-Terminal in Lubmin nimmt Betrieb auf: Verspätet, aber mit Volldampf

Eigentlich sollte das LNG-Terminal in Lubmin schon vor allen anderen Gas einspeisen. Daraus wurde nichts – wohl auch wegen einer Besonderheit des Projekts.

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Die FSRU Neptune

Die FSRU "Neptune", die in Lubmin als schwimmendes LNG-Terminal zum Einsatz kommt – hier bei einem früheren Einsatz als Regasifizierungsschiff.

(Bild: Höegh)

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Mit der Übergabe der letzten Teil-Betriebsgenehmigung soll am Samstag, 14. Januar, das LNG-Terminal in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) seinen Regelbetrieb aufnehmen. Zu diesem Anlass werden auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erwartet. Es ist nach Wilhelmshaven das zweite LNG-Terminal Deutschlands und das erste, das komplett privat initiiert wurde. Die Umstellung von Gasimporten auf LNG-Terminals ist Teil der Bemühungen Deutschlands, angesichts ausgefallener russischer Lieferungen eine Gasmangellage zu verhindern.

Eigentlich wollte die Deutsche ReGas mit ihrem Vorhaben an der Ostsee den mit Bundeshilfe initiierten Projekten davonlaufen. Denn anders als in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und anderen Orten ist das Regasifizierungsschiff hier nicht vom Bund gechartert. Doch mit dem Betriebsstart zum 1. Dezember 2022 wurde es nichts. Trotz LNG-Beschleunigungsgesetz und vereinfachter Planungsverfahren war der ambitionierte Zeitplan nicht zu halten. Die internationale Aufmerksamkeit richtete sich folglich Mitte Dezember auf die Inbetriebnahme des ersten deutschen LNG-Terminals in Wilhelmshaven.

Dabei ist das LNG-Terminal für das 2100-Einwohner-Örtchen in Vorpommern auch eine Prestigefrage. Mit Lubmin verbinden viele Deutsche seit den Geschehnissen des Jahres 2022 die Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2. Dort landen die Rohre aus Russland an, über die im vergangenen Jahrzehnt große Teile des Gases strömten, das in Deutschland und Europa importiert wurde. Der Gasfluss von Nord Stream 1 wurde im Sommer zunächst gedrosselt und später komplett gestoppt. Seit der schweren Sabotage nahe der dänischen Insel Bornholm ist nur noch ein Strang von Nord Stream 2 nutzbar. Theoretisch zumindest, denn diese Pipeline hat niemals die Betriebserlaubnis erhalten.

Die LNG-Vorhaben in Lubmin – neben dem aktuellen privaten ist auch noch ein vom Bund unterstütztes Terminal an Land geplant, das 2023/24 in Betrieb gehen soll – würden dem Ort helfen, das Nord-Stream-Fiasko vergessen zu machen. Die durch die russische Pipeline vorhandene Anbindung an das Gasfernnetz bietet sich geradezu für die Zwecke eines LNG-Terminals an.

Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Die größten Herausforderungen für die Planer waren die niedrige Wassertiefe von durchschnittlich 5,6 Meter des Greifswalder Boddens, ein Nebengewässer der Ostsee, und Fragen rund um den Naturschutz.

Die Lösung für das LNG-Terminal "Deutsche Ostsee" besteht aus einem einzigartigen Plan, nämlich einer virtuellen Pipeline zwischen der Ostsee und dem Industriehafen Lubmin, wo die FSRU "Höegh Neptune" zur Regasifizierung des -162 Grad kalten Flüssigerdgases bereitsteht. Drei spezielle LNG-Shuttle-Schiffe – jeweils 137 Meter lang und knapp 20 Meter breit – sollen kontinuierlich Flüssigerdgas von Tankern auf der Ostsee entladen und zu dem 283 Meter langen und 43 Meter breiten schwimmenden Terminal bringen. Jedes Shuttle kann 7800 Kubikmeter LNG laden. Das Entladen dauert jeweils sieben Stunden. Im Rund-um-die-Uhr-Betrieb soll so eine permanente Versorgung entstehen. Die Floating Storage and Regasification Unit (FSRU) kann in ihren Tanks bis zu 140.000 Kubikmeter zwischenspeichern. Jährlich kann das Lubminer Terminal bis zu 5,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas ins Netz einspeisen.

In den vergangenen Tagen haben laut Medienberichten bereits erste Tests stattgefunden, bei denen auch kleine Mengen Gas eingespeist wurden.

Was die "Neptune" von der "Höegh Esperanza" in Wilhelmshaven unterscheidet, ist, dass es keinen Einsatz von Bioziden geben soll, um die Rohrleitungen von Muschel- und Algenbewuchs freizuhalten. Die Einleitung des Chlorwassers an der Nordsee ist bei Anwohnern und Naturschützern umstritten. Zwar wird auch das Schiff in Lubmin Kühlwasser aus dem Hafenbecken entnehmen. Die für Bewuchs zugänglichen Anlagenteile sollen laut den Genehmigungsunterlagen aber ausschließlich mechanisch gereinigt werden.

Das über 1100 Seiten umfassende Dokument gibt noch weitere interessante Einblicke in die Funktionsweise des Terminals, dessen Betrieb zunächst bis zum 31. Dezember 2031 befristet werden soll. So wird die nötige Verdampfungswärme für die Regasifizierung des LNG über zwei Gaskessel erzeugt. Diese bedienen sich am verdampften LNG und verbrennen überdies das sogenannte Boil-Off-Gas – also jenes Flüssigerdgas, das in den Tanks der FSRU ungewollt wieder gasförmig wird und zum Druckausgleich abgelassen werden muss. Es ersetzt aber nur zwei bis drei Prozent des ansonsten benötigen Brennstoffs für die Regasifizierung.

(mki)