49-Euro-Ticket könnte für Schüler günstiger werden

So wie in anderen Länder wird auch in Niedersachsen überlegt, ein vergünstigtes Deutschlandticket einzuführen. Derweil regen sich Sorgen um die Finanzierung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 97 Kommentare lesen

Gleise und Weichen am Hbf Nürnberg.

(Bild: Deutsche Bahn, Symbolbild)

Lesezeit: 6 Min.
Von

Niedersachsens Landesregierung erwägt, das geplante 29-Euro-Ticket für Schüler, Azubis und Freiwilligendienstler als vergünstigtes Deutschlandticket einzuführen. Das teilte das Verkehrsministerium in Hannover auf Anfrage der dpa mit. Damit könnten die rund 1,2 Millionen Berechtigten die Monatskarte statt wie bisher geplant nur landesweit dann in ganz Deutschland im Nahverkehr nutzen. Ähnliche Regelungen haben das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern bereits mit Blick auf das 49-Euro-Ticket angekündigt, das zum 1. Mai eingeführt werden soll.

Zum Zeitplan erklärte das niedersächsische Verkehrsministerium, zunächst solle das Deutschlandticket eingeführt werden, erst dann das niedersächsische 29-Euro-Ticket, voraussichtlich im Jahr 2024. Als Übergangslösung stehe bis dahin in Niedersachsen seit 2022 das regionale Schüler- und Azubiticket zur Verfügung, für das die Berechtigten maximal 30 Euro im Monat zahlen.

Im Saarland soll das Deutschlandticket für denselben Empfängerkreis wie in Niedersachsen mit einem Landeszuschuss um 18,60 Euro pro Monat vergünstigt werden, auf 365 Euro im Jahr. Mecklenburg-Vorpommern plant, sein bestehendes landesweites Azubi-Ticket und ein geplantes landesweites Senioren-Ticket in das Deutschlandticket zu integrieren.

Das bundesweit nutzbare Nahverkehrsticket soll zum 1. Mai eingeführt werden. Es soll 49 Euro im Monat kosten, was ausdrücklich als "Einführungspreis" bezeichnet wird – spätere Erhöhungen sind also möglich. Vorgesehen ist ein digital buchbares, monatlich kündbares Abo. Am kommenden Mittwoch will sich der Verkehrsausschuss in einer Expertenanhörung damit befassen.

Aus diesem Anlass pochen die Bus- und Bahnanbieter darauf, dass die Finanzierung des Tickets auch über die Anfangsphase hinaus gesichert sein müsse. Notwendig sei "eine planbare und dauerhafte Finanzierung", ohne die ein solches Ticket nicht angeboten werden könne, heißt es in einer Stellungnahme des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) für eine Anhörung im Bundestag. Der Bund will vorerst von 2023 bis 2025 je 1,5 Milliarden Euro bereitstellen, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsanbietern zur Hälfte auszugleichen. Die andere Hälfte sollen die Länder übernehmen.

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen erläuterte: "Der niedrige Preis des Angebots sorgt dafür, dass es das dominierende Tarifprodukt werden wird. Neben dem Deutschlandticket werden nicht viele Zeitkarten bestehen können." Vielfach dürfte es sich auch schon bei einer Hin- und Rückfahrt über mittlere Strecken lohnen, es anstelle von zwei Einzelfahrscheinen zu buchen. Für die Unternehmen werde aber ein Grundpfeiler der Finanzierung, die Ticketeinnahmen, geschwächt. "Entsprechend wichtig ist es beim Deutschlandticket, sorgfältig vorzugehen, um sicherzustellen, dass diese Mindereinnahmen den Unternehmen ausgeglichen werden", heißt es in der Stellungnahme.

Diskutiert wird auch über den Preis. Der VDV gab zu bedenken, dass das Ticket bereits zum Einführungspreis "auch im eingeschwungenen Zustand dauerhaft zu erheblichen jährlichen Mindereinnahmen" führen werde. Auf keinen Fall sollte der Preis daher mit Blick auf weiter steigende Personal- und Energiekosten dauerhaft "eingefroren" oder "aufgrund kurzfristiger politischer Opportunitäten gar gesenkt werden". Begrüßenswert wäre daher ein von den zuständigen Ausschüssen des Bundesrats empfohlener Mechanismus: "Der Preis wird in Abstimmung von Bund und Ländern jährlich festgeschrieben."

Für die Busunternehmen wies ihr Verband auf Unsicherheiten hin, wenn das geplante Ticket monatlich zu kündigen sei und so eine "De-facto-Monatskarte" werde. Eine einfache Kündbarkeit ohne finanzielle Vorteile, sich langfristig zu binden, führe zu keinen nennenswerten Vorteilen, noch ein echtes Abo abzuschließen. "Kaum jemand wird das Deutschlandticket jeden Monat so nutzen, dass die 49 Euro Ticketpreis "abgefahren" werden", heißt es in der Stellungnahme. Ökonomisch denkende Kunden kauften es nur, wenn es sinnvoll sei. Das bringe Vorteile für Fahrgäste, aber den Unternehmen fehlende Planungssicherheit und bürokratischen Aufwand für die Abo-Verwaltung.

Der Hamburger Verkehrsverbund begrüßte die Verständigung auf ein bundesweit standardisiertes Jobticket-Modell. Aufgrund knapper Fachkräfte seien Arbeitgeber sehr interessiert, Beschäftigten ein vergünstigtes Mobilitätsangebot zu machen. Mit den beschlossenen Konditionen könnten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Ticket für 34,30 Euro bekommen. Dieser attraktive Preis führe zu deutlich mehr Abo-Abschlüssen, mehr Kunden im System und damit zu Mehreinnahmen für den öffentlichen Personennahverkehr.

Die privaten Busunternehmen in Niedersachsen hatten vorige Woche ihre Befürchtungen öffentlich gemacht, wegen einer Regelungslücke könnten sie keinen Ausgleich für Mindereinnahmen durch das kommende 49-Euro-Ticket bekommen, der beihilfekonform wäre. Deshalb empfiehlt ihnen der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen, das deutschlandweite Ticket nicht zu akzeptieren, solange der Sachverhalt nicht geklärt ist.

Das könnte in Gang gesetzt werden, indem die Bundesregierung die auch Deutschlandticket genannte, bundesweit gültige Dauerfahrkarte für den ÖPNV bei der EU-Kommission offiziell anmeldet. Das ist offensichtlich noch nicht passiert, stattdessen gibt es lediglich informelle Gespräche zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Umfrage (Opinary GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Opinary GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Ein Sprecher der Kommission sagte gegenüber heise online, die Kommission habe dazu keinen Kommentar. Es sei Sache des Mitgliedstaates, zu beurteilen, ob eine bestimmte Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellt. Wenn es sich dabei um eine staatliche Beihilfe im Sinne des EU-Rechts handele, müsse der Mitgliedstaat sie bei der Kommission zur Prüfung anmelden, bevor er den Begünstigten eine Beihilfe gewährt, hieß es aus Brüssel.

Das niedersächsische Wirtschaftsministerium betonte gegenüber heise online, die Frage der rechtssicheren Einbindung privater Verkehrsunternehmen in den Ausgleichmechanismus des Deutschlandtickets sei bundesweit ein Thema. Um hier Klarheit zu schaffen, sei der einfachste Weg, wenn der Bund im Regionalisierungsgesetz, das die Finanzierung des 49-Euro-Tickets regelt, eine sogenannte Tarifanordnung einbinden würde. Die Bundesregierung solle sich weiterhin mit der EU-Kommission über die beihilferechtlichen Fragen verständigen. Das Bundesverkehrsministerium hat Anfragen von heise online zu dem Thema noch nicht beantwortet.

Siehe auch:

(anw)