Die Chip-Branche zwischen Hoffnung und Euphorie
Die Geschäftszahlen von Infineon machen der Hightech-Branche Mut -- Beobachter warnen aber bereits vor Euphorie.
Die Halbleiter-Branche hat die schlimmste Krise ihrer Geschichte hinter sich. Nach guten Zahlen der Konkurrenten wie Intel und Samsung in den vergangenen Wochen konnte jetzt Infineon nach milliardenschweren Verlusten erstmals wieder einen kleinen Quartalsgewinn vorweisen. Die traditionell stark zyklische Branche hofft nun auf zwei fette Jahre.
"Wir denken, dass 2004 und 2005 in jedem Fall erholende Jahre sein werden", sagte Infineon-Chef Ulrich Schumacher am Montag in München. Experten warnen jedoch vor Euphorie. Denn schon wird diskutiert, wie heftig wohl der nächste Abschwung der Branche in einigen Jahren aussehen wird. Auch die Börse reagierte am Montag erst einmal skeptisch auf die Nachrichten aus München.
Die Lage der Halbleiter-Firmen gilt als einer der wichtigsten Indikatoren für die gesamte Hightech-Branche. Schließlich zählt zum Beispiel die Telekommunikationsbranche ebenso zu den Kunden wie die Elektronikfirmen und die Computerhersteller. Ist die Nachfrage bei diesen Kunden schwach, fallen vor allem die Preise für Speicherchips traditionell ins Bodenlose. Springt der Markt wieder an, ziehen die DRAM-Preise umso heftiger wieder an.
Die Unternehmen bauen ihre Kapazitäten aus und stellen damit die Weichen für den nächsten Abschwung. Nach der bisher längsten Branchenflaute deutet jetzt aber erst einmal alles auf eine Erholung hin. Zuletzt kamen Impulse aus der PC-Industrie, zudem sorgten bei Handys vor allem die neuen Geräte mit Fotografier-Möglichkeit für steigende Nachfrage. In beiden Fällen aber will die Branche noch das Weihnachtsgeschäft abwarten, bevor der ganz große Aufschwung ausgerufen wird.
Infineon machte im Schlussquartal 2002/03 (30. September) einen kleinen Gewinn von 49 Millionen Euro und verspricht auch für das laufende Jahr 2003/04 erstmals wieder Gewinne. In den letzten drei Geschäftsjahren häufte Infineon insgesamt Verluste von etwa 2,5 Milliarden Euro an. Auch wenn die roten Zahlen horrend waren, hat sich Infineon nach Einschätzung vieler Experten noch ordentlich gehalten. "Infineon ist mit seinen vielen Partnerschaften sehr gut aufgestellt", sagt Merck-Finck-Analyst Theo Kitz. Zudem habe das Unternehmen seine Herstellungskosten für Speicherchips stärker als die Konkurrenz gedrückt. Schumacher verweist darauf, dass es im abgelaufenen Geschäftsjahr gelungen sei, schneller als der Markt zu wachsen. Der Anteil am weltweiten Halbleiterumsatz sei so von 3,4 auf 4,0 Prozent gestiegen. "Wir sind als einer der Gewinner aus der Halbleiterkrise hervorgegangen." Auch bei der Landesbank Rheinland-Pfalz heißt es: "Infineon profitiert von der aktuellen Aufschwungphase im weltweiten Halbleitermarkt in erheblichem Umfang."
Doch nicht nur Schumacher warnt vor Euphorie und gibt nur einen vagen Ausblick. "Die Frage ist, wann der Markt seinen nächsten Höhepunkt erreicht", sagt Merck-Finck-Analyst Kitz. Derzeit sehe es so aus, als ob die Branche 2004 möglicherweise erst langsam anspringe, um dann im Jahr darauf die Spitze zu erreichen. Etwas anders sieht dies der Branchenverband Semiconductor Industry Association (SIA), der für das Jahr 2004 mit einem Branchenwachstum um gut 19 Prozent auf 194,6 Milliarden Dollar rechnet. Im Jahr darauf sei mit einem weiteren Zuwachs um knapp 6 Prozent zu rechnen. 2006 oder 2007 könnte dann der nächste Abschwung bevorstehen. Schumacher will bis dahin zumindest dafür sorgen, dass das Unternehmen in der Krise nicht noch einmal so hohe Verluste macht wie in den vergangenen Jahren. (Axel Höpner, dpa) / (jk)