Die Metamorphose des Mobilfunkkonzerns Vodafone

In gesättigten Märkten ist mit Mobilfunk allein kein Staat mehr zu machen, der Mobilfunkriese strebt ins Festnetz.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Wie die Zeiten sich ändern: Wenn Klaus Esser und Chris Gent ihren legendären Übernahmekampf von vor mehr als sechs Jahren heute noch einmal austragen müssten, hätten vermutlich die Mannesmänner die Oberhand behalten. Denn der Streit der beiden Topmanager war auch ein Streit über die richtige Strategie. Während Vodafone auf den reinen Mobilfunk setzte, machte sich Mannesmann für eine integrierte Geschäftsausrichtung von Mobilfunk und Festnetz stark. Inzwischen haben die Nachfolger von Gent bei Vodafone längst erkannt: In gesättigten Märkten ist mit Mobilfunk allein kein Staat mehr zu machen.

Der weltweite Marktführer spürt mit zunehmender Sättigung der Märkte vor allem in Europa, dass hohe Wachstumsraten in diesen Regionen der Vergangenheit angehören. Gleichzeitig wird zunehmend klar, dass das vielfach totgesagte Festnetz mit Breitbandanschlüssen (DSL) zur schnellen Autobahn ins Internet keineswegs überflüssig geworden ist. Hinzu kommt, dass die UMTS-Mobilfunktechnik zwar ausgebaut ist und entsprechende Dienste über diese Netze laufen. Aber von einem Massengeschäft ist UMTS mit einem Umsatzanteil von mehr oder weniger 5  Prozent noch weit entfernt. Den Mobilfunkern ist die Wachstumsstory abhanden gekommen, diagnostizieren Börsianer.

Auch in der Sprachtelefonie erweist sich das Festnetz als hartnäckiger als von manchen Experten prophezeit: "Rund 80 Prozent der Minuten werden auch heute noch über das Festnetz abgewickelt", räumt der Chef von Vodafone-Deutschland, Friedrich Joussen ein. Und er gibt die Devise aus: "Wir folgen dem Bedarf der Kunden." Dabei werde der Mobilfunk als Alternative zum Festnetz immer attraktiver. Auch andere Betreiber haben die Zeichen der Zeit erkannt und blasen zum Angriff auf das Festnetz.

Vodafone-D2-Chef Joussen und die anderen Topmanager aus der Konzernzentrale in Newbury bei London dürfen sich heute glücklich schätzen, dass sie ihre deutsche Festnetztochter Arcor nicht voreilig auf dem Altar der Mobilfunkstrategie von Chris Gent geopfert haben. Eine Portion Glück war allerdings mit im Spiel: Zunächst sollte das Unternehmen an die Börse gebracht werden.

Diese Pläne wurden aber schnell wieder fallen gelassen, weil der Kapitalmarkt für Telecom-Werte nicht richtig zu begeistern war. Dann wurden Investoren ins Spiel gebracht. Doch Vodafone zögerte und hielt sich alle Optionen offen. Die Worte von Joussen – "alles bleibt, wie es ist" – sprechen inzwischen eine klare Sprache: Ein Verkauf von Arcor ist vom Tisch. Denn in der neuen Strategie spielt die früher eher belächelte Festnetztochter Arcor eine entscheidende Rolle.

So wird Vodafone in Deutschland gemeinsam mit Arcor ein Komplettprodukt aus Mobilfunk und DSL-Internetzugang schnüren. Für den gesamten Konzern wird Deutschland dabei die Vorreiterrolle übernehmen und beweisen, dass die Strategie umsetzbar ist. Die anderen Länder sollen folgen, dort allerdings mit DSL-Wiederverkauf. Joussen durfte den Sonderstatus von Vodafone D2 in London bei der Präsentation der Jahresergebnisse schon einmal genießen: Als einziger der Länderchefs stand er Analysten und Journalisten Rede und Antwort. (Peter Lessmann, dpa) / (anw)