Die Rückkehr der Überschallreisen

Mit dem Aerion AS2 könnte eine neue Ära des Überschallreisens beginnen. Experten halten das Konzept für vielversprechend.

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Die Rückkehr der Überschallreisen

Das spezielle Design des AS2 von Aerion spart Treibstoff.

(Bild: Rendering: Aerion)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Udo Flohr
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Im Jahr 1969 hatte die Überschall-Passagiermaschine Concorde ihren Erstflug. Doch der vermeintliche Beginn einer neuen Ära des Luftverkehrs entpuppte sich als reiner Ingenieurstraum – und endete mit einem Drama. Nur 16 Exemplare wurden gebaut. 2000 stürzte eine Concorde nach dem Start ab, nachdem ein Triebwerk durch den Einschlag herumfliegender Teile eines geplatzten Fahrwerkreifens in Brand geraten war. 113 Menschen starben. 2003 wurde die Concorde ausgemustert. Der Traum vom Überschallreisen war am Ende.

Nun soll er erneut beginnen, berichtet Technology Review in seiner neuen Ausgabe. Start-ups, große Flugzeugbauer und die Nasa tüfteln an einer neuen Generation supersonischer Reiseflugzeuge. Für vielversprechend halten Experten vor allem den AS2 der US-Firma Aerion. Josef Klevanski, DLR-Spezialist für Über- und Hyperschall, sieht das Unternehmen "auf dem richtigen Weg".

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Die Entwickler scheinen vor allem das Problem der Wirtschaftlichkeit lösen zu können. Denn so dramatisch das Concorde-Unglück war, der Grund für das Scheitern des Überschallflugzeugs war ein anderer: Es rechnete sich schlicht nicht. Sowohl die Wartungs- als auch die Betriebskosten lagen zu hoch. 120 der 185 Tonnen ihres maximalen Startgewichts entfielen auf Kerosin. Der Verbrauch lag bei 1250 Litern pro 100 Kilometer, 12,5 Liter für jeden der 100 Passagiere. Herkömmliche Passagierflugzeuge kommen heute auf rund drei Liter pro Passagier, wenn sie voll besetzt sind.

Ursache für diesen immensen Energiebedarf sind vor allem die besonderen aerodynamischen Verhältnisse oberhalb der Schallgeschwindigkeit. Zum einen steigt der Luftwiderstand mit dem Quadrat der Geschwindigkeit, hinzu kommen im Überschallbereich allerdings noch weitere aerodynamische Probleme, etwa bremsende Luftwirbel. In Summe ist bei diesen Geschwindigkeiten mindestens die dreifache Antriebsleistung nötig.

Überschallflugzeug AS2 Aerion (11 Bilder)

Vor vier Jahren gab Aerion bekannt, mit seinem zwölfsitzigen Businessjet AS2 die Renaissance der Überschallflugzeuge einleiten zu wollen.

(Bild: Aerion )

Aerion setzt daher auf ein völlig neues Design. Im Unterscheid zu den klassischen Deltaflügel setzt das Unternehmen auf kurze, stummelartige Tragflächen. Der AS2 sieht von oben daher aus wie ein fliegender Kranich. Zusammen mit einem speziell geformten Heckleitwerk entstehen so große Bereiche gleichmäßiger Strömung. Das vermeidet einen Großteil der Luftwirbel, die beim schnelleren Flug viel Energie fressen, und senkt laut Unternehmensangaben den Reibungswiderstand um insgesamt 20 Prozent.

Gleichzeitig reichen dem AS2 kürzere Start- und Landebahnen. Die Zahl nutzbarer Flughäfen liegt also nicht nur deutlich höher als bei der Concorde, sondern wohl auch höher als bei den neuen Konzepten der Konkurrenz, etwa dem Überschallflieger Boom. Der Nachteil ist freilich, dass dieses Konzept nur bis zur anderthalbfachen Schallgeschwindigkeit funktioniert. Dennoch scheint Aerion gute Aussichten auf Erfolg zu haben. Bereits 2014 war Airbus als Entwicklung- und Fertigungspartner eingestiegen. Ende 2015 orderte das kanadische Charterunternehmen Flexjet 20 Exemplare. Ab 2023 soll die AS2 zum Stückpreis von 120 Millionen US-Dollar erhältlich sein. Der Überschallflug in den Urlaub aber wird auch damit nur für ganz wenige Menschen Realität: Der AS2 ist ein Businessjet mit lediglich zwölf Sitzplätzen.

[Update 02.03.2017 09:12]:

Angaben zum Concorde-Unglück im Jahr 2000 korrigiert und präzisiert. (jle)