Digital Rights Management: Interoperabilität verzweifelt gesucht

Nicht nur Verbraucher, auch die Großanwender von Systemen fürs digitale Rechtemanagement in der Wirtschaft klagen noch über zahlreiche Probleme mit der Kontrolltechnik.

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Systeme fürs digitale Rechtemanagement (DRM) werden nicht nur von den Verbrauchern kritisch beäugt, sondern stellen auch die Großanwender in der Wirtschaft in ihrer jetzigen technischen Form noch vor große Probleme. Firmenvertreter aus den Bereichen Mobilfunk, Internet und Pay-TV beschwerten sich auf der momentan in Berlin stattfindenden DRM-Konferenz der Universität Dortmund hauptsächlich über die mangelnde Interoperabilität der verfügbaren DRM-Lösungen.

"Es gibt keine klare Standardisierung", klagte Thorsten Schliesche, bei T-Online für den Bereich Musicload verantwortlich. Nutzer der laut Schliesche "erfolgreichsten deutschen Download-Plattform" könnten ihre gekauften Stücke beispielsweise nicht auf Apples iPod überspielen. Surfer, die ihre Stücke beim iTunes Music Store beziehen, könnten sie wiederum beispielsweise nicht auf Sony-Playern hören. Eine Übertragung der Dateien vom PC auf das Mobiltelefon sei derzeit auch noch nicht möglich. "Wie Musik verkauft werden kann, wird von Softwarefirmen diktiert", empörte sich Schliesche. Dies sei nicht im Interesse der Nutzer. Es falle den Plattformbetreibern so schwer, eine echte Alternative zu Online-Tauschbörsen zu bieten. Die bisherigen Verkäufe auch bei Musicload seien daher letztlich "nicht signifikant" gegenüber dem CD-Vertrieb oder Peer-2-Peer.

Auch im Mobilfunkbereich, wo im Rahmen der Open Mobile Alliance (OMA) die Standardisierungsversuche bereits am weitesten fortgeschritten sind, sind noch zahlreiche Fragen rund um DRM offen. Bisher gibt es nur rund 50 Handytypen, deren Rechenkraft für die Ver- und Entschlüsselung von kopiergeschützten Inhalten überhaupt ausreicht. Per Vindeby, Produktmanager DRM bei Siemens, wies in Berlin zudem auf eine generelle Sicherheitslücke bei dem momentan meist noch verwendeten OMA-Standard 1.2 hin. Demnach werden die Regeln zur Verwendung der Inhalte, die so genannten Rechteobjekte, gar nicht geschützt. Diese enthalten aber auch den Schlüssel zu den Inhalten, sodass dieser relativ einfach abgefangen werden kann. Etwa, wenn die Rechteobjekte per SMS auf das Handy geschickt werden. Auch bei OMA 2.0 ist es laut Vindeby keinesfalls ein Kinderspiel, den Standard sicher zu implementieren. Ungeklärt sei zudem, was mit gekauften Inhalten passiere, wenn der Nutzer sein Gerät verkaufe, verliere oder das Handy kaputt gehe.

Das Hauptproblem von Pay-TV-Anbietern besteht dagegen laut Alexander Sacher, Leiter des Geschäftsbereichs Receiver Technologies bei Premiere darin, dass die Hollywood-Studios "sich uns gegenüber nicht mit einer Stimme äußern". Jedes stelle für seine Inhalte eigene Regeln auf, mal dürften die Filme etwa beim digitalen Einkauf 90 Tage, mal 120 Tage von den Verbrauchern genutzt werden. Eine solche Politik sei "für den normalen Kunden nicht mehr zu verstehen". Premiere plant in den nächsten Jahren, verstärkt auf DRM zu setzen. So bietet der Sender schon seit November erste Empfangsgeräte mit Festplattenrekorderfunktion an. Dazu soll Mitte des Jahres ein so genanntes "Push-Video on Demand"-Feature kommen, mit dem Kunden aus einem Angebot aus 30 auf der Platte vorgespeicherten Filmen für 24 Stunden Nutzerrechte kaufen können.

Der Rechtsanwalt Mark Hoenike wies zudem auf zahlreiche Haftungsrisiken hin, auf denen gerade die Betreiber von DRM-Plattformen sitzen bleiben würden. Selbst wenn die Ursachen für das Versagen der Technik bei den Softwarefirmen lägen, habe der Betreiber oft das Nachsehen. Beispielsweise, falls der DRM-Techniklieferant "nur ein Encoding mit handelsüblichem System versprochen" habe. Eine klare Fassung der Haftungskriterien sei daher enorm wichtig. Falls ein Cracker ein DRM-System korrumpiere, sei der Plattformbetreiber aber nicht regresspflichtig. Hier müssten die Rechteinhaber ihre Ansprüche direkt gegen den Übeltäter richten. (Stefan Krempl) / (anw)