Digital River: Ausbleibende Zahlungen und ausweichende Kommunikation

Digital River tritt als Zahlungsdienstleister zwischen Shops und Endkunden auf. Etwa seit Juli bleiben Zahlungen aus, beschweren sich Händler.

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Brennende Geldscheine

(Bild: photoschmidt/Shutterstock.com)

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Kunden des E-Commerce-Dienstleisters Digital River schauen in die Röhre: Seit Juli bleiben offenbar Zahlungen aus. Die Lage ist unübersichtlich, das US-Unternehmen trägt bisher nicht zur Klärung bei. Auch hierzulande sind zahlreiche Firmen betroffen.

Digital River ist ein Dienstleister für E-Commerce-Anbieter. Das Unternehmen betreibt Online-Shops für große Marken wie etwa Nvidia, bietet sich aber auch als Zahlungsdienstleister für kleine Firmen und selbständige Software-Entwicker an. Kunden können ihre Waren und Dienste anbieten, die Zahlung wickelt Digital River über die Plattform "MyCommerce" ab und leitet das eingenommene Geld abzüglich einer Provision weiter. So lief es zumindest bis vor Kurzem. Doch inzwischen mehren sich Beschwerden von Kunden, die auch heise online vorliegen.

Kunden berichten unter anderem, dass Digital River die Frist für die Auszahlung an den Verkäufer zuletzt von 15 auf 60 Tage ausgeweitet hat. Das bedeutet, dass Zahlungen aus Juli 2024 nun spätestens zum Oktober fällig werden. In verschiedenen Foren tauschen sich betroffene Kunden aus und beziffern ihre Ausstände teilweise auf fünf- und sechsstellige Beträge. Auch soll das Unternehmen versucht haben, den Händlern geänderte Geschäftsbedingungen aufzuzwingen, die neue Gebühren enthalten.

Das Problem tritt nicht nur im englischsprachigen Raum auf, auch deutsche Unternehmen zeigen ihren Frust in Foren. Hierzulande operierte das US-Unternehmen bisher mit einer deutschen Tochtergesellschaft mit Adresse in Frankfurt am Main, die wiederum einer Holdinggesellschaft in Großbritannien gehört. Laut Handelsregistereintrag vom 6. September wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 14. August 2024 ein neuer Geschäftsführer für die deutsche GmbH bestellt, der offenbar ein amerikanischer Rechtsanwalt mit Wohnsitz in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota ist. Im Impressum der deutschen Seite steht die GmbH inzwischen nicht mehr, hier wird auf den US-Unternehmenssitz in Minnesota verwiesen.

Laut dem letzten veröffentlichten Jahresabschluss hat die deutsche Tochter 2022 rund 5,8 Millionen Euro an die britische Holding abgeführt. Die englische Tochter hingegen stand zuletzt auf wackligen Beinen. Laut dem Jahresabschluss 2022 der englischen Tochter Digital River UK sollte bisherigen Verlusten mit Kostensenkungen begegnet werden. Rechnungsprüfer betonen, das Fortbestehen des Unternehmens sei stark von den Zahlungen der US-Mutter abhängig. Zugleich weist die englische Tochter für 2022 einen vergleichsweise schmalen Gewinn von 155.298 Pfund aus.

Über weitere Hintergründe ist bisher nichts bekannt, dafür wird umso heftiger spekuliert. Offenbar wurde Digital River vor Kurzem verkauft und ein neuer CEO übernahm die Geschäfte. Nun wird spekuliert, der neue Eigentümer könnte das Unternehmen ausschlachten und abwickeln. Von Entlassungen bei der US-Mutter ist die Rede. Laut einem Bericht von The Register lässt das Unternehmen die Forderungen der Händler von einer Anwaltskanzlei zurückweisen. In englischsprachigen Foren versuchen vom Zahlungsausfall Betroffene zudem, eine Sammelklage zu organisieren.

Auf einem Internetportal für Gerüchte rund um Entlassungen gibt es einige aktuelle Beiträge zu Digital River. Dort können Nutzerinnen und Nutzer anonym schreiben, der Wahrheitsgehalt lässt sich nicht ohne weiteres verifizieren. Demnach kam es jedoch zu weiteren Entlassungen bei Digital River, Frust über inkompetentes Führungspersonal bricht sich die Bahn. Andere spekulieren, ein neuer Besitzer plane, den Geschäftsbetrieb im November einzustellen.

Das Unternehmen und seine europäischen Niederlassungen reagieren bisher nicht auf Anfragen, auch eine Anfrage von heise online blieb bisher unbeantwortet.

(dmk)