WTF

Digitaler Artenschutz: Steuerbehörde bringt eigenen Browser mit Flash heraus

Das lang erwartete Ende von Adobes Flash-Player treibt skurrile Blüten. Die südafrikanische Steuerbehörde SARS hält notgedrungen an dem Format fest.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 49 Kommentare lesen

(Bild: Ricky Of The World/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

2017 verkĂĽndete Adobe das Ende des Flash Players. Seit dem 12. Januar weigert sich der Player Flash-Inhalte abzuspielen. Drei Jahre Vorlauf mĂĽssten eigentlich genĂĽgen, damit IT-Abteilungen in der Lage sind Websites und Prozesse von Flash auf das moderne HTML5 umzustellen. Sollte man meinen.

Die südafrikanische Steuerbehörde mit dem etwas gruseligen Akronym SARS (South African Revenue Service) tat sich schwer mit der Migration und entschied sich letztendlich für den entgegengesetzten Weg: Flash bewahren. Die Behörde modernisierte im April 2019 ihre digitale Plattform zum Einreichen von Steuerunterlagen "eFiling" und schleppte dabei augenscheinlich das inzwischen vom Aussterben bedrohte Flash-Format mit.

"Diese neue und zuverlässige Plattform bedient sich der neuesten Technologie auf dem Markt und beinhaltet eine Neuauflage der SARS-Hard- und Software. Dies ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur digitalen Transformation, der eine Vielzahl innovativer Lösungen bereithält zur Unterstützung unseres Auftrags den Steuerzahlern die Erfüllung ihrer Pflichten einfach und sicher zu machen", erklärte die Behörde damals stolz in einer Ankündigung.

Als Adobe die Aktualisierung des Flash-Players im Dezember 2020 einstellte, geriet die Behörde ins Straucheln. Einen Teil der Formulare hatte man noch nicht auf HTML5 umgestellt. Prompt riet man den Nutzern in einer Anleitung, sich von Warnungen in den Browsern nicht irritieren zu lassen und allerlei Ausnahmen in den Einstellungen hinzuzufügen, um den Betrieb am Laufen zu halten.

Weil der Flash-Player ab dem 12. Januar dieses Jahres das Abspielen sämtlicher Inhalte verweigerte, mussten schließlich radikalere Maßnahmen her: Die Steuerbehörde stampfte mit einem eigenen Flash-fähigen Browser kurzerhand ein digitales Biotop aus dem Boden und schuf ein Zuhause für Flash. Ein wichtiger Beitrag zur Biodiversität im Netz.

Wer hofft, mit dem Steuerbehörden-Browser auch weiterhin in den Genuss der bunten Flash-Games und witzigen Animationen zu kommen, die das World-Wide-Web der 2000er-Jahre prägten, erlebt eine Enttäuschung. Der Browser erfüllt ausschließlich den Spaß-befreiten Zweck, Steuerangelegenheiten zu regeln. Andere Seiten als die SARS-Website lassen sich nicht aufrufen. Linux- und macOS-Nutzern ist nicht einmal das möglich. Die Steuerbehörde stellt die Software nur für Windows zur Verfügung. Der Browser soll als Zwischenlösung dienen, bis die restlichen Formulare auf den Webstandard HTML5 portiert sind. Die vollständige Migration will die Behörde im Jahr 2021 abschließen.

Das Ende von Flash sorgt nicht nur bei SARS für Störungen im Betriebsablauf. Auch eine Eisenbahngesellschaft in der nordchinesischen Hafenstadt Dalian traf die Deaktivierung unvorbereitet, was zu Stillstand auf den Gleisanlagen führte.

(ndi)