Digitalstrategie: So soll Digitalisierung den Bürgern schmackhaft gemacht werden

Wie steht es um die Digitalstrategie der Bundesregierung? Digitalminister Volker Wissing gibt sich in Berlin optimistisch – aber große Brocken kommen erst noch.

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(Bild: VGstockstudio/Shutterstock.com)

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Von
  • Falk Steiner
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Im Halbjahresturnus will die Bundesregierung künftig ein Update dazu geben, wie gut sie mit der Umsetzung der Digitalstrategie vorankommt. Bei einer Konferenz in Berlin machte der federführende Digitalminister Volker Wissing (FDP) deutlich, dass er den Lösungsweg in vermeintlich kleinen, praktischen Schritten sieht, um damit die Digitalisierung insgesamt voranzubringen. Durch möglichst menschennahe Digitalisierungsvorhaben will Wissing Akzeptanz schaffen: Es gehe darum, das Machbare zu schaffen. Zugleich würden mit der Digitalisierung überkommene Strukturen abgeschafft, die auch aus Personalmangelgründen nicht tragfähig wären.

Als Beispiel für diese Vorgehensweise sieht Wissing die Einführung des Deutschlandtickets. Hochzufrieden mit dessen Einführung will der Digital- und Verkehrsminister im ersten Schritt für mehr Datenverfügbarkeit sorgen und die Komplexität von Tarifsystemen überwinden – eine Vereinfachung für Bürgerinnen und Bürger. Doch Wissing sieht das Vorhaben als Hebel für viel weitergehende Effekte: Die Hauptaufgabe der Verkehrsverbünde sei die Festlegung der Tarifstrukturen gewesen. "Ich glaube nicht, dass die Verkehrsverbünde in dieser Menge erhalten bleiben, weil man sie in der Menge nicht mehr braucht." Das Deutschlandticket stoße einen Prozess an, der viele weitere Schritte nach sich ziehen würde, sagte der Minister in Berlin – für diese Veränderung rechnet Wissing mit einem Zeitraum von 10 Jahren.

Auch an anderer Stelle hofft Wissing auf Akzeptanz durch reale Anwendungsfälle und daraus folgenden Wandel: "Spätestens wenn Bürger beim iKFZ erleben, dass Gebühren sich halbieren, werden sie verstehen, dass das einfach besser ist." Und auch das Nutzungserlebnis wäre überzeugend: Kaufen, Zulassen, Losfahren. Für den Digitalminister steht fest, dass solche Beispiele die Menschen von der Sinnhaftigkeit der Digitalisierung überzeugen würden.

Von den 135 Projekten der Bundesregierung in der Digitalstrategie ist bislang jedoch nur ein Bruchteil umgesetzt. So ist etwa die elektronische ID nach wie vor nicht nennenswert weitergekommen, die Neuauflage des Onlinezugangsgesetzes steht weiterhin aus und einzig die BundID verzeichnet derzeit einen Nutzeransturm. Wissing berichtete von mittlerweile über 2,5 Millionen Konten. Die allerdings kamen nicht ganz freiwillig, denn der einfachste Weg für Studierende und Fachschüler an die 200 Euro Energiepreispauschale zu gelangen, war die Einrichtung eines entsprechenden Kontos, das nach Bedarf auch wieder gelöscht werden kann.

Einen Verbündeten bei seinem Workaround-Modus für mehr Digitalisierung hat der Digitalminister in Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gefunden. Der erklärte auf Nachfrage, die Digitalisierung des Gesundheitswesens könne zur "Überwindung der verkrusteten Strukturen der Selbstverwaltung" beitragen. Wann das seit Wochen erwartete geplante Digitalgesetz und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz nun ins Kabinett kommen, ließ Lauterbach aber weiterhin offen.

Einig waren sich die beiden Minister beim Thema Datenschutz: gut gemacht würde gegenüber dem heutigen Zustand durch Digitalisierung sogar ein mehr an Datenschutz entstehen. Lauterbach will daher mit einer Kampagne für Vertrauen in die neuen Vorhaben wie die Opt-Out-Patientenakte werben. Auch in KI setzen beide große Hoffnungen – Wissing will die KI-Verordnung auf europäischer Ebene möglichst noch in diesem Jahr ausverhandelt sehen.

An anderer Stelle will Volker Wissing allerdings auch harte Prozessveränderungen vorschreiben. So schwebt dem Digitalminister vor, dass das sogenannte Building Information Modelling (BIM) für Bauprojekte des Bundes verpflichtend wird: "Am Ende müssen wir zu einem Punkt kommen, wo wir sagen: BIM only." Allerdings müsse bis dahin unter anderem Klarheit bei den Standards für die digitale Bauvorhabenmodellierung geschaffen werden. Einen Zeitplan nannte Wissing hierfür nicht.

Derzeit verhandeln die Koalitionäre in Berlin den kommenden Bundeshaushalt. Bislang war für das im Koalitionsvertrag vereinbarte sogenannte Digitalbudget, das zusätzlich zu den jeweiligen Ressortmitteln die Digitalisierung beschleunigen soll, kein Geld vorgesehen. Digitalminister Wissing gibt sich zuversichtlich, dass notwendige Mittel bereitgestellt würden, um Verzögerungen bei den Digitalvorhaben zu verhindern – unabhängig von der Frage, ob das über Ressortzuweisungen oder ein Digitalbudget stattfinde.

(mki)