Diskussion über chinesische Filtersoftware-Pflicht

US-amerikanische Forscher haben in der Liste der zu filternden Wörter auch politische Begriffe entdeckt. Andere Forscher sind Sicherheitslücken in der Software auf die Spur gekommen. Auch aus China selbst kommt Kritik.

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Die Anordnung der chinesischen Regierung an Hersteller und Importeure, Computer ab dem 1. Juli nur noch zusammen mit Filtersoftware auszuliefern, sorgt weiterhin für Diskussionen. So hat laut einem Bericht des Wall Street Journal Isaac Mao vom Berkman Center for Internet & Society der Harvard-Universität bei Durchsicht der Software Green Dam festgestellt, dass die Liste der zu blockierenden Wörter auch politische Begriffe enthält. Allerdings führten die Wörter nicht notwendigerweise zur Sperrung einer Website. Außerdem kommuniziere die Filter-Software mit einem zentralen Server. Der chinesische Blogger Shi Zhao habe Begriffe wie "6-4 massacre" und "the celebration of Tibetan people" in der Liste gefunden. Ein Sprecher der Dazheng Human Language Technology Academy in Peking, die für die Schlüsselwörter-Technik in der Software zuständig sei, habe die Berichte nicht kommentieren wollen. Es würden Inhalte nach den geltenden Gesetzen blockiert.

Bisher hieß es aus Peking, die Software sei dafür gedacht, dass Eltern ihre Kinder vor schädlichen Inhalten, insbesondere Pornografie und Gewalt im Internet schützen können. Ein Sprecher des Unternehmens Jinhui Computer System Engineering, die Green Dam entwickelt hat, betonte laut einem Bericht der Zeitung China Daily, die PC-Hersteller seien dazu angehalten, das Softwarepaket auf der Festplatte abzulegen. Die Installation liege im Ermessen der Computer-Käufer beziehungsweise -Besitzer.

In China selbst ist die Filtersoftware-Pflicht nicht unumstritten. In einer Kolumne in der Zeitung People's Daily der Kommunistischen Partei wird zwar die Initiative der Regierung grundsätzlich begrüßt, Minderjährige vor schädlichen Online-Inhalten zu schützen, doch anstatt die Filtersoftware-Pflicht abrupt einzuführen wäre eine vorhergehende Aufklärung besser gewesen. Die von der Regierung in die Software investierten 41,7 Millionen Yuan Steuergelder würden nicht kosteneffizient eingesetzt.

Natürlich könnten Bilder, die Gewalt darstellen, Kindern schaden, heißt es in dem Artikel. Allerdings seien solche Bilder für manche Bildungsinhalte unumgänglich, zum Beispiel wenn sich die Kinder über den Holocaust informieren wollten. Die meisten Internetfilter seien hier zu Unterscheidungen nicht in der Lage, so werde auch Michelangelos Skulptur des David als Nacktdarstellung herausgefiltert. Besser sei es, wenn sich Eltern mit dem Umgang ihrer Kinder mit dem Internet auseinandersetzten.

Gegen die Einführung der Softwarefilter-Pflicht hatten diese Woche vier große US-amerikanische IT-Verbände Einwände erhoben. Sie meinen, es sei besser, eine Lösung zu finden, die zum Beispiel Sicherheitsaspekte mehr berücksichtige. Forscher der University of Michigan haben nach ersten Untersuchungen der Filtersoftware zwei "ernsthafte Sicherheitslücken" entdeckt, heißt es in einer Mitteilung der Universtität. Potenziell könne eine Website, die ein Green-Dam-Nutzer besuche, die Kontrolle über dessen PC bekommen. (anw)