Domain-Slamming: VeriSign will Kunden kapern

VeriSign/NSI versucht offensichtlich mit allen Mitteln, den Konkurrenten bei Domain-Registrierungen die Kunden wieder abzujagen.

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Von
  • Monika Ermert

VeriSign, mit der Übernahme des Ex-Monopolisten für .com-, .net-, .org-Domains NSI dick im Geschäft mit Domain-Registrierungen, versucht offensichtlich mit allen Mitteln, der wachsenden Konkurrenz deren Kunden wieder abzujagen. Nicht-VeriSign-Kunden erhalten so etwa plötzlich Briefpost aus Herndon, Virginia, mit einer freundlichen Zahlungsanweisung für die nächste Jahresgebühr. Reagieren die Kunden sofort, binden sie sich damit gleichzeitig an den Ex-Monopolisten. Der bisherige Provider ist den Kunden los, bevor er es recht merkt.

Die Registrare streiten seit Monaten über das Thema, "ohne Ergebnis", sagt Siegfried Langenbach. Der Chef von CSL und Joker.com hat aktuell wieder einmal die Beschwerde eines Kunden auf dem Tisch, der von VeriSign eine solche Zahlungsanweisung bekommen hat. Für 29 US-Dollar wird die Verlängerung seiner Domainregistrierung um ein Jahr angeboten und erst im Kleingedruckten auf der Rückseite erfährt der Domaininhaber, dass er mit der Zahlung auch dem Transfer an VeriSign/Network Solutions zustimmt. Auch andere mit VeriSign verbundene Unternehmen beteiligen sich an dem "Slamming", warnte kürzlich der Registrar Planet Nic aus Seattle und stellte Beispiele für die Schreiben als Warnung ins Netz.

Perfide sind die Schreiben vor allem deshalb, weil Kunden unter dem Label der "Domain Name Expiration Notice" suggeriert wird, ihre Domain könnte von der zentralen Registry -- ebenfalls VeriSign -- gelöscht werden. Tatsächlich ist der Brief nichts als aggressives Marketing von Network Solutions, der Registrar-Tochter von VeriSign, die so versucht, die Kunden zu kapern. Die "Nicht-Entbündelung" von zentralem Registryservice und Endkundengeschäft gilt als eine der dramatischsten Fehlentscheidungen der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Network Solutions hatte vor dem Aufkauf durch VeriSign zugesichert, dass man entweder Registry oder Registrar-Tätigkeit aufgeben wolle.

Unter diesem Aspekt beurteilen die deutschen Domainanbieter auch den jetzt von VeriSign vorgeschlagenen Waiting List Service (WLS) kritisch. Für eine Abogebühr von 35 US-Dollar sollen die Registrare bei VeriSign eine Jahresvormerkung auf eine Domain kaufen können, die ihnen im Fall des Freiwerdens dann automatisch übertragen wird. Ein solcher Dienst an sich hat nach Ansicht von Eric Schätzlein, Vorstandsmitglied bei Schlund + Partner, durchaus seine Berechtigung. Nach Ansicht aller kann man damit vor allem die Überlast vermeiden, die durch automatisierte Daueranfragen nach der Verfügbarkeit der Domains bei der Registry entstanden sind. Aber, so Schätzlein, VeriSign nutze mit den hohen Preisen einmal mehr seine Monopolstellung als Registry. "Der Aufwand für VeriSign ist minimal, daher sollte der Preis auch den einer Neuregistrierung nicht wesentlich übersteigen."

Auch der ICANN-Vorstand hatte Bedenken, unter anderem auch, weil er noch nicht gesichert sieht, dass VeriSign nicht wiederum einzelne Registrare, vor allem die eigene Tochter bevorzugen könnte. Vor einer Entscheidung soll VeriSigns Vorschlag daher bei der nächsten ICANN-Tagung diskutiert werden.

Das aggressive Vorgehen von VeriSign erklärt sich übrigens, wenn man sich die aktuellen Bilanzzahlen ansieht: Zwar verringerten sich die Verluste der Firma, lagen aber immer noch bei 21 Millionen US-Dollar im ersten Quartal; und bei den Umsätzen verfehlte man mit 328 Millionen US-Dollar die Erwartungen. VeriSign, neben dem Domain-Geschäft auch in Sachen Internet-Sicherheit und digitale Zertifikate aktiv, macht dafür "Investitionsverschiebungen bei Kunden" und -- in diesem Fall bemerkenswerterweise -- "Herausfoderungen bei den Verkäufen von Domain-Namen" verantwortlich. Dem fallen dann auch 10 Prozent der Arbeitsplätze bei VeriSign zum Opfer -- 350 Angestellte müssen gehen. (Monika Ermert) / (jk)