Drehstart für den virtuellen Wilsberg

Am Drehbuch für jüngsten TV-Krimi um den von Autor Jürgen Kehrer geschaffenen Münsteraner Privatdetektiv hatte das ZDF erstmals die Öffentlichkeit interaktiv beteiligt.

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Von
  • Jutta Steinhoff
  • dpa

Szene 81 im Drehbuch des neuesten ZDF- Krimis um den chaotisch-charmanten Privatdetektiv Georg Wilsberg passt dem Schwaben gar nicht in den Kram. "Die Szene kommt irgendwie doch recht unvermittelt", merkt er an. Auch Tanja, die wie der Schwabe" nicht ihren vollen Namen ins Internet stellt, mäkelt per E-Mail am Drehbuch, diesmal über Szene 41: "Auf jeden Fall wäre es wesentlich fesselnder, wenn man zwar als Zuschauer ahnt, dass Wilsbergs Tarnung bald auffliegen wird, man aber weiß, dass dieser noch nichts davon ahnt", findet die Amateur-Krimiautorin.

Am Drehbuch für jüngsten TV-Krimi um den von Autor Jürgen Kehrer geschaffenen Münsteraner Privatdetektiv hatte der Mainzer Sender erstmals die Öffentlichkeit interaktiv beteiligt. Seit November 1999 standen und wuchsen die Szenen im weltweiten Datennetz, nachdem die dritte Folge mit fast sieben Millionen Zuschauern unter den Top Ten der deutschen Fernsehspiele gelandet war. Wilsberg-Fans konnten Vorschläge zum weiteren Handlungsverlauf sowie für Handlungsorte anhand eines ins Netz gestellten Münsteraner Stadtplans machen.

Der vierte Teil der erfolgreichen Wilsberg-Reihe, der am Dienstag (8. August) im Münsteraner Hafen Drehstart hat und im Januar 2001 ausgestrahlt werden soll, entstammt daher vielen Federn. Die Rahmenhandlung allerdings war durch den Roman vorgegeben. Die Redaktion kommentierte die neuen Szenen jeweils und stellte sich im Internet-Forum der Diskussion. Geheim blieb indessen das szenische Ende, um die Spannung zu halten. Die drei fleißigsten Online-Autoren werden laut ZDF mit Statistenrollen oder Praktika am Set belohnt.

Für Wilsberg-Schöpfer Jürgen Kehrer war die Zusammenarbeit mit fernen und unbekannten Co-Autoren im Internet eine ungewöhnliche Erfahrung: "Ein komplizierter, weil weitgehend öffentlicher Prozess", sagte er in Münster. Mit dem Produkt sei er jedoch zufrieden. Insgesamt sind nach Angaben des Autors bereits zwölf Krimis mit dem Ex-Anwalt und Detektiv auf dem Markt. Ein Ende sei nicht in Sicht: "Solange mir was einfällt und der Verlag es will, schreibe ich weiter", sagt Kehrer, der neben den fiktiven Geschichten auch Historisches über die Kriminalität im Münsterland verfasst.

Der neue Fernsehkrimi spielt diesmal allerdings kaum in der historischen Altstadt, sondern im vergleichsweise unbekannten Hafengebiet von Münster am Dortmund-Ems-Kanal. Dort soll Wilsberg (Leonard Lansink) im Auftrag einer Versicherung eine Autowerkstatt mit verdächtig vielen Schadensfällen überwachen und stolpert prompt über eine Leiche. Wie gewohnt erwarten ihn neben den Querelen mit der Polizei, insbesondere mit Ex-Freundin Kommissarin Anna Springer (Rita Russek), auch wieder Probleme mit den bereits durch die ersten drei Folgen bekannten Freunde Manni (Heinrich Schafmeister) aus dem Bauamt und Ziehtochter Tanja (Ina Paule Klink). (Jutta Steinhoff, dpa) (jk)