Drei Fragen und Antworten: Ersetzen jetzt Coding-Assistenten die Programmierer?

Viele Programmierer setzen bereits Coding-Assistenten ein. Aber wie hilfreich sind sie wirklich – taugt der Code für die Praxis oder sind sie nur Spielerei?

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Roboter mit Sprechblase

(Bild: iX)

Lesezeit: 4 Min.

Coding-Assistenten versprechen, eine der beliebtesten KI-Anwendungen zu werden. Vor allem sollen sie Programmierern nervige Routineaufgaben abnehmen, damit die sich auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren können. Und die Auswahl passender Assistenten ist groß – aber wie gut funktionieren sie wirklich? Und wofür sind sie gar nicht geeignet? Im Interview erklärt Dr. Alexander Schatten, Titelautor der neuen iX, worauf Softwareentwickler in der Praxis achten müssen.

Dr. Alexander Schatten

Dr. Alexander Schatten ist Senior Researcher bei SBA-Research, Managementberater und Podcaster: podcast.zukunft-denken.eu

Warum müssen Softwareentwickler trotz KI-Code-Assistenten nicht um ihren Job fürchten?

Ich weiß nicht, ob sie nicht (langfristig) um ihren Job fürchten müssen. Kurz- und mittelfristig scheint es mir so zu sein, dass die KI-Tools eine ähnliche Auswirkung haben, wie andere komplexe Tools im Software-Lifecycle: Die kompetenten Programmierer werden ermächtigt und besser in ihrer Arbeit, aber die mittel- oder schlecht-qualifizierten leisten (stark vereinfacht ausgedrückt) eher noch schlechtere Arbeit.

Wir haben seit langer Zeit viel zu wenig kompetente Programmierer und zu viele, die von den komplexen Herausforderungen ihres Jobs überfordert sind. Was aber noch schlimmer ist: Die meisten sind sich dessen gar nicht bewusst (ganz im Sinne des Dunning-Kruger-Effekts). Das führt häufig zu großen systemischen und weitreichenden Fehlern, die von diesen Programmierern in große Projekte eingebaut werden und nur schwer zu korrigieren sind.

Wird KI im Unternehmen strategisch falsch eingesetzt, so hilft KI nur, diese Fehler noch schneller und in größerem Umfang zu machen.

Was können die KI-Assistenten denn besonders gut programmieren?

Sie helfen einerseits bei relativ einfachem Boilerplate-Code, können aber auch (in der Hand von kompetenten Programmierern) helfen, den Einstieg in neue Problemstellungen prototypisch zu erleichtern.

Sehr hilfreich kann auch die Unterstützung von qualitätssichernden Maßnahmen sein. KI kann etwa beim Schreiben von Tests oder Dokumentation helfen.

Auch beim Einarbeiten in Code-Teile, die man nicht kennt, kann unterstützt werden: "Erkläre mir diese Methode / diese Regular-Expression". Hier ist aber immer zu ergänzen, dass diese Erklärungen keinesfalls fehlerfrei sind. Eine entsprechende Kompetenz in der Beurteilung der KI-Aussagen muss immer gegeben sein.

An welchen Stellen schwächeln sie denn – oder versagen komplett?

Im Augenblick ist es kaum möglich, größere Code-Basen oder fachliche Seiteneffekte zu überblicken. Das könnte sich aber mit technischen Verbesserungen verändern.

Das Kernproblem liegt eher darin, dass man bei größeren Eingriffen durch die KI das Vertrauen haben muss, dass diese korrekt erfolgen. Eine hinreichende Prüfung der Konsequenzen, wenn die KI zum Beispiel ein großes Refactoring durchführen würde, ist nicht mehr leicht möglich.

Geht dies aber schnell und einfach, ist die Verlockung groß, es trotz des damit verbundenen Risikos zu tun.

Herr Schatten, vielen Dank für die Antworten! Vier ausführliche Artikel der neuen Juli-iX gehen detailliert auf den Stand der Dinge rund um Coding-Assistenten ein. Neben einer Tool-Übersicht zeigen wir, was der generierte Code taugt. Alle Themen des neuen Hefts finden sich hier. Die iX 7/2024 ist ab sofort im heise Shop und am Kiosk erhältlich.

In der Serie "Drei Fragen und Antworten" will die iX die heutigen Herausforderungen der IT auf den Punkt bringen – egal ob es sich um den Blick des Anwenders vorm PC, die Sicht des Managers oder den Alltag eines Administrators handelt. Haben Sie Anregungen aus Ihrer tagtäglichen Praxis oder der Ihrer Nutzer? Wessen Tipps zu welchem Thema würden Sie gerne kurz und knackig lesen? Dann schreiben Sie uns gerne oder hinterlassen Sie einen Kommentar im Forum.

(fo)