Drei Fragen und Antworten: Warum sind RZs Energiefresser – und geht es anders?

Rechenzentren verbrauchen extrem viel Energie. Besonders bei der Kühlung gibt es aber einige Hebel, das zu ändern oder zumindest die Abwärme sinnvoll zu nutzen.

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Deutschlandweit soll der Energiebedarf der Serverräume und Rechenzentren im letzten Jahr bei 17 TWh gelegen haben. Die Kühlung der Racks macht mit rund 60 Prozent den höchsten Anteil am Energie-Overhead der Rechenzentren aus, also an dem Teil der Energie, der nicht für IT-Equipment benötigt wird. Wir haben mit Simon Hinterholzer darüber gesprochen, welche Möglichkeiten für energieeffizientere Rechenzentren erwachsen – und warum sie noch nicht umgesetzt werden.

Ingenieur Simon Hinterholzer

Simon Hinterholzer forscht am Borderstep Institut zu Wechselwirkungen von Digitalisierung und Nachhaltigkeit mit Fokus auf den Energiebedarf von Rechenzentren.

Simon, die bei der Kühlung der großen Rechenzentren entstehende Abwärme ist beachtlich, wird aber nicht weiter genutzt. Warum nicht?

Das hat vor allem wirtschaftliche und organisatorische Gründe. So sind zur Nutzung der Abwärme Investitionen in Wärmenetze erforderlich, die unter anderem davon abhängen, wie weit die Wärme transportiert und an wie viele Abnehmer sie verteilt werden soll. Außerdem ist bei herkömmlichen, luftgekühlten Rechenzentren für die meisten Wärmeanwendungen der Einsatz einer Wärmepumpe notwendig, um das Temperaturniveau zu erhöhen. Deren Betrieb verursacht zusätzliche Kosten für Strom.

Besonders die klassischen Kühlanlagen der RZs fressen enorme Mengen Energie. Welche besonders effizienten Alternativen gibt es heute?

Es werden bereits diverse Entwicklungen genutzt, um bei luftgekühlten Rechenzentren Energie einzusparen, beispielsweise indirekte freie Kühlung mit einem Kyoto-Rad oder adiabatische Verdunstungskühlung. Letzteres wird allerdings aufgrund des Wasserbedarfs in wasserarmen Regionen zunehmend kritisch betrachtet.

Daneben existieren bereits seit Jahrzehnten im High-Performance-Computing (HPC) wie auch im privaten Gaming-Bereich Ansätze, die IT mit Flüssigkeiten zu kühlen. Dadurch wird es möglich auf höheren Temperaturen zu kühlen um auch gleich die Abwärme zu nutzen. Etabliert ist hier die Lösung, mittels eines durchströmten Kühlkörpers auf den Chips oder der ganzen Platine die Wärme abzuführen. In letzter Zeit wird zunehmend über Immersionskühlung diskutiert, bei der ganze Server in eine elektrisch nichtleitende Flüssigkeit getaucht werden, die dann die Wärme abführt.

Wenn die Alternativen so viele Vorteile bieten, warum kommen sie dann nicht schon überall zum Einsatz?

Obwohl die Motivation der RZ-Betreiber, Energie einzusparen schon aufgrund der relativ hohen Strompreise in Deutschland hoch ist, gibt es aus Betreibersicht diverse Beweggründe dagegen. Die Anforderung an enorm hohe Verfügbarkeit von RZ-Diensten erfordert eine hohe Zuverlässigkeit aller für den Betrieb essentiellen Komponenten – unter anderem auch der Kühlung. Häufig vermieten Betreiber von Rechenzentren die RZ-Flächen an Dritte (Colocation). Dabei bleibt dem Betreiber aufgrund einheitlicher Rahmenverträge (SLA) häufig nur der Betrieb einer konventionellen Kühlung.

Vielen Dank für Deine Antworten, Simon. Mehr Informationen zu den Kühlalternativen im RZ liefert ein Artikel in der Titelstrecke der aktuellen iX 9/2022, die außerdem Energiespar-Quick-Wins für die IT vorstellt.

In der Serie „Drei Fragen und Antworten“ will die iX die heutigen Herausforderungen der IT auf den Punkt bringen – egal ob es sich um den Blick des Anwenders vorm PC, die Sicht des Managers oder den Alltag eines Administrators handelt. Haben Sie Anregungen aus Ihrer tagtäglichen Praxis oder der Ihrer Nutzer? Wessen Tipps zu welchem Thema würden Sie gerne kurz und knackig lesen? Dann schreiben Sie uns gerne oder hinterlassen Sie einen Kommentar im Forum.

(jvo)