Drückerkolonnen? Telekom & Co. haben "vorbildliche Regeln" zum Hautürvertrieb

Die Überwachungsstelle Scope Europe Monitoring hat Telekom, Vodafone und fünf anderen großen Telcos bescheinigt, hohe Standards für die Kundenakquise zu haben.

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Insbesondere wegen des wegfallenden Nebenkostenprivilegs für TV-Kabelanschlüsse kommt es zu verstärkten Vertriebsaktivitäten der Kabel- und Glasfaseranbieter.

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Die Deutsche Telekom, Vodafone, die Deutsche GigaNetz, die Deutsche Glasfaser, EWE, Leonet und Pyür Tele Columbus erfüllen prinzipiell die Vorgaben eines Verhaltenskodex' für den Haustürvertrieb im Bereich der Telekommunikationsbranche. Eine entsprechende Konformität hat die Überwachungsstelle Scope Europe Monitoring den Unternehmen bescheinigt. Verbrauchern soll das Prüfsiegel signalisieren, dass eine seriöse Beratung gerade auch beim Glasfaserausbau der Telcos höchste Priorität hat. Den zugrundeliegenden Haustürkodex hat der Verein Selbstregulierung Informationswirtschaft (SRIW) gemeinsam mit der Branche auf Initiative des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) entwickelt. Er trat im November 2023 in Kraft.

Die Aufnahme insbesondere der Telekom und Vodafones in das öffentliche Register von Scope überrascht, denn Online-Foren sind voll von Beschwerden von Verbrauchern über die Drückerkolonnen gerade der beiden Größen im hiesigen Telekommunikationsmarkt. Immer wieder beklagen Betroffene, dass Vertreter dieser Konzerne sich Zutritt in ihre Wohnungen verschafften, um ihnen letztlich – teils unter Vorspiegelung falscher Tatsachen – einen neuen Vertrag andrehen zu können. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein warnte erst im April "aus aktuellem Anlass" vor solchen Haustürgeschäften. Teils bedienten sich die Vertriebsprofis dabei "unmoralischer oder sogar krimineller Methoden". Mit der gesetzlichen Abschaffung des Nebenkostenprivilegs seien aktuell verstärkt solche Außendienstler unterwegs.

Der Haustürkodex definiert für die unterzeichnenden Unternehmen dagegen "verbindliche Anforderungen zum Schutz der Verbraucher". So müssen die Beteiligten etwa für den Erhalt des Siegels garantieren, ihre Mitarbeiter gut zu qualifizieren, rücksichtsvoll gegenüber potenziellen Kunden aufzutreten und sich vor Ort optisch erkennbar zu machen. Dazu kommt eine Aufklärungspflicht zur Verkaufsabsicht sowie eine Aushändigung oder elektronische Übermittlung eines Produktblatts und vorvertraglicher Informationen. Die Verkäufer sollen Verbraucher auf ihr Widerrufsrecht verweisen und ihnen eine Option zur Verifikation der gemachten Angaben geben. Angeschlossene Firmen müssen effektive Beschwerdewege einrichten und Berichten über Pflichtverstöße nachgehen.

Der VATM gab voriges Jahr bereits die Maxime aus, dass Haustürgeschäfte der Schlüssel für einen schnelleren Netzausbau seien. Angesichts der Bedeutung einer leistungsfähigen Telekommunikationsinfrastruktur sei es wichtig, Anwohner überall dort bestmöglich über die Arbeiten vor den eigenen vier Wänden und einen möglichen Anschluss für Haus oder Wohnung aufzuklären, wo Glasfaser verlegt werde, betonte VATM-Geschäftsführer Frederic Ufer nun. Die vielen Fragen, die sich dabei ergäben, ließen sich am besten "in einem ausführlichen und seriös geführten, persönlichen Gespräch vor Ort klären". Ufer gratulierte den sieben Telcos, dass sie "das aufwendige Prüfverfahren erfolgreich abgeschlossen haben".

Wirklich feststellen lassen wird sich wohl erst in einem Jahr, ob sich die Unternehmen an den noch jungen Kodex halten, wenn eine erste echte Überprüfung ansteht. Zu anhaltenden Verbraucherklagen erklärten SRIW und VATM gegenüber heise online: "Allein im letzten Halbjahr ist die Zahl der mit Glasfaser versorgbaren Haushalte um zwei Millionen gestiegen." In gleicher Größenordnung dürfte sich die Zahl der Haustürkontakte bewegen. Gemessen an dieser enormen Zahl "kann man weiterhin von einer äußerst geringen Beschwerdequote sprechen, auch wenn diese nominal steigt". Verunsicherung bei den Bürgern durch unseriöses Vorgehen Einzelner schade allen massiv. Daher habe man sich "für ein strenges Monitoring rund um das Thema Beratung an der Haustür" entschieden. Die Kodex-Auswirkungen würden "kontinuierlich evaluiert". Sie würden sich "erst künftig" nachprüfbar zeigen. Fehlverhalten könne – auch bei Subunternehmern – geahndet werden.

(olb)