E-Commerce: Das Ende des Geldflusses

Noch vor einigen Monaten gaben sich die Investoren bei den Startups der New Economy die Klinke in die Hand; mittlerweile müssen auch die verwöhnten Dot.Coms Überzeugungsarbeit leisten.

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Die Luft für Internet-Unternehmen wird dünner. Noch vor einigen Monaten gaben sich die Investoren bei den Startups der New Economy die Klinke in die Hand; mittlerweile müssen auch die verwöhnten Dot.Coms Überzeugungsarbeit leisten, um dringend benötigtes Kapital aufzutreiben. Die Situation zweier erfolgreicher Firmen auf dem Online-Spielzeugmarkt, eToys und KBkids.com, verdeutlicht in diesen Tagen das Dilemma, in dem die rasant gewachsene Internet-Ökonomie derzeit steckt.

eToys stockte sein Kapital um 100 Millionen US-Dollar auf, wodurch die Finanzierung des Geschäftsbetriebs nach Angaben des Unternehmens bis zum Frühjahr 2001 sichergestellt sei – im Prinzip eine gute Nachricht. Doch der Deal mit den Investoren unter der Führung der Promethean Asset Management zeigt, dass mittlerweile die Geldgeber die Bedingungen diktieren. eToys hat Promethean und den beiden anderen privaten Investoren konvertierbare Vorzugsaktien mit einer Dividende von sieben Prozent angeboten, während die Rate auf dem öffentlichen Markt nach Einschätzung der Händler eher bei sechs Prozent liegt. Darüber hinaus erhalten die Investoren die Zusage, innerhalb der nächsten fünf Jahre fünf Millionen Anteile aus den Stammaktien von eToys zu einem Preis von 7,17 US-Dollar erwerben zu können. Derzeit liegen die Aktien mit 6,25 US-Dollar nur knapp unter dem garantierten Preis.

Diese ungewöhnlich attraktiven Bedingungen für die Kapitalgeber deuten nach Ansicht der Analysten darauf hin, dass der Online-Spielzeugladen keine andere Wahl hatte. eToys "hätte einem Geschäft wie diesem wahrscheinlich nicht zugestimmt, wenn es Alternativen gegeben hätte", beurteilt Jonathan Cunningham von Jeffries & Co. die Situation des Unternehmens. In der Tat lässt die Euphorie der Anleger nach, denn neben Umsatzzuwächsen und Page Impressions wollen diese langsam auch Gewinne sehen – was bislang nur wenige Dot.Coms geschafft haben. So befand sich auch die Aktie von eToys, die für 20 US-Dollar ausgegeben wurde und im Oktober letzten Jahres mit 86 US-Dollar ihren Höhepunkt erreicht hatte, aufgrund der hohen Verluste des Unternehmens (189,6 Millionen US-Dollar im Jahr 1999) im freien Fall.

Als weiteres Indiz für die prekäre Lage insbesondere derjenigen Unternehmen, die sich auf das Business-to-Consumer-Segment konzentriert haben, gelten die verschobenen oder ganz abgesagten Börsengänge vieler Internet-Firmen. Aktuelles Beispiel hierfür ist der Online-Spielzeugladen KBkids.com, der seinen ursprünglich mit einer Aktienemission im Wert von 210 Millionen US-Dollar geplanten Börsengang wegen der derzeitigen Marktlage zurückzog. KBkids befindet sich damit in bester Gesellschaft. Insgesamt haben von Anfang Januar bis Ende Mai dieses Jahres 45 Internet-Firmen ihren Start an den Aktienmärkten verschoben oder gestoppt. In den letzten vier Monaten des Jahres 1999 waren es nur dreizehn. Von den 92 Internet-Firmen, die den Börsenstart doch vollzogen, rangieren mittlerweile 68 unterhalb ihres Ausgabewertes. Selbst die Großen der Branche wie Amazon sahen sich schon zu Entlassungen gezwungen, und auch die Prognosen der Marktforscher verheißen dem Großteil der ehemaligen Senkrechtstarter schlechte Überlebenschancen. (atr)