E-Rezept-App hat noch einige Kinderkrankheiten
Die Anmeldung in der E-Rezept-App ist umständlich. Und die Einbindung von Google zum Scannen des E-Rezept-QR-Codes stimmt einige Anwender ebenfalls missmutig.
Die E-Rezept-App der nationalen Agentur für digitale Gesundheit – die Gematik GmbH – soll die Abläufe rund um das E-Rezept vereinfachen. Bisher klappt das allerdings nicht: Statt eines einfachen Anmeldeverfahrens in der App, wie es Nutzer von anderen Diensten kennen, sind bislang eine elektronische Gesundheitskarte (eGK), ein NFC-fähiges Smartphone mit mindestens iOS 14 oder Android 7 sowie eine PIN von der Krankenkasse erforderlich.
Eine kürzlich veröffentlichte Fasttrack-Methode für eine direkte Anmeldung über die App der elektronischen Patientenakte (ePA) der jeweiligen Krankenkasse sorgt ebenfalls für Verwirrung. Manche Krankenkassen erklärten, dass sie die vereinfachte Anmeldung noch nicht oder lediglich für ein bestimmtes Betriebssystem unterstützen, obwohl sie in der Liste der E-Rezept-App anders aufgeführt werden. Wiederum gaben andere große Krankenkassen an, sich derzeit noch in Verhandlungen mit der Gematik zu befinden.
Anwender kritisieren verschiedene Aspekte. Am einfachsten beheben lieĂźe sich die von ihnen kritisierte nicht alphabetische Sortierung der Krankenkassen-Liste. Als problematischer angesehen wird die Verwendung von Google-Diensten innerhalb der App. Zumindest an der Sortierung arbeitet die Gematik derzeit und verweist darauf, dass sich die App noch in der Entwicklung befinde.
Google-Toolkit zum Scannen von QR-Codes
Vor allem die Verwendung des ML Kit von Google, um die QR-Codes des E-Rezepts mittels der Smartphone-Kamera zu scannen, sorgte für Unmut. Auf diesen wolle die Gematik allerdings nicht verzichten. "Wir sind nicht so gut wie Google. Daher nutzen wir das, was der Rest der Android-Welt auch nutzt, und erfinden das Rad nicht neu. Wir schauen genau hin, was passiert. Und seien Sie sicher: wenn Google hier versuchen würde, Ihr Rezept zu lesen, hätten wir den Google-Code garantiert nicht benutzt.", kommentiert die Gematik im Play Store.
Die allermeisten elektronischen Rezepte werden derzeit über einen QR-Code eingescannt, da die wenigsten ihre E-Rezepte direkt aus der App laden. Erst vor wenigen Tagen hat die Gematik angekündigt, ihre Qualitätskriterien für die Einführung des E-Rezepts bis Ende Juli 2022 zu erfüllen. Dazu zählen unter anderem die technische Stabilität und das Ausräumen schwerer Fehler. Für die Zukunft sei auch eine Anbindung an Drittanbieter-Apps entsprechender Fachdienste geplant.
Gematik weiterhin allein mit E-Rezept-App
Derzeit ist ausschließlich die Gematik mit der Entwicklung der E-Rezept-App beauftragt. Edgar Franke von der SPD antwortete auf eine kleine Anfrage der AfD-Fraktion, dass die Gematik als öffentliche Stelle die Versorgung sichere und die Daten der Versicherten schütze. Dies geht aus Berichten von Apotheke Adhoc hervor. Ein weiterer Grund sei, dass "die E-Rezept-App einen integralen Teil der Telematikinfrastruktur darstellt." Außerdem sei die Akzeptanz der App als neue Technologie wichtig. "Datenschutz und Datensicherheit sowie die Datenhoheit der Versicherten" sollen im Fokus stehen, erklärte Franke. Wann Drittanbieter-Apps zugelassen werden, bleibt demnach noch unklar.
Apotheken noch in Vorbereitung
Ab dem 1. September sollen dann alle Apotheken das E-Rezept annehmen können. Für den Empfang von Rezepten über die Gematik-App müssen diese zuvor erfasst und aufgelistet werden. Daten wie Name, Adresse und Kontaktinformationen werden zwar über eine Schnittstelle durch die Landesapothekerkammern (LAK) bereitgestellt, weitere Daten müssen die Apotheken jedoch selbst einpflegen oder übermitteln, wie Apotheke Adhoc schreibt.
Demnach fehlen derzeit noch Informationen wie Öffnungszeiten, Nacht- und Notdienstzeiten sowie Angaben zu möglichen Botendiensten. Ebenfalls unvollständig sind teilweise die Namen mancher Apotheken.
Internetausfälle gefürchtet
Im Nachgang der großen Umstellung fürchten Apothekerinnen und Apotheker auch Ausfälle der Telematikinfrastruktur – die alle Akteure des Gesundheitswesens digital miteinander verbinden soll –, wie eine Befragung des Marktforschungsunternehmens Aposcope von Anfang 2022 zeigt. In so einem Fall müsse auf herkömmliche Rezepte ausgewichen werden. Außerdem sollen LTE- oder 5G-Verbindungen bei einem DSL-Ausfall als Backup-Lösung verwendet werden, wie eine Gematik-Sprecherin gegenüber heise online mitgeteilt hat. Ob alle Apotheken ab September "TI-ready" sind, bleibt abzuwarten.
Screenshot aus der E-Rezept-App mit dem Hinweis auf Googles ML Toolkit ergänzt.
(mack)