E-Scooter: Städte dürfen nach Urteil Sondergebühren von Betreibern kassieren

E-Scooter-Verleiher klagten gegen Gebühren von 85 bis 130 Euro pro Fahrzeug und Jahr, die sie in Köln zahlen müssen. Das Urteil stellt ihr Geschäft in Frage.

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(Bild: Roman Samborskyi/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Neues Ungemach für Anbieter von E-Scootern: Das Verwaltungsgericht Köln hat am Mittwoch entschieden, dass die von der Stadt Köln festgesetzten Sondernutzungsgebühren für den Betrieb ihrer gewerblichen Verleihsysteme rechtmäßig sind. Sollten die entsprechenden Urteile Bestand haben, könnte es das ganze Geschäftsmodell der Vermieter der Elektro-Flitzer in Frage stellen. Dann wäre davon auszugehen, dass andere Kommunen in Nordrhein-Westfalen – und vermutlich bundesweit – nachziehen beziehungsweise ihre bereits verhängten Gebühren ausweiten könnten.

Im konkreten Fall änderte der Rat der Stadt Köln im Mai 2022 die Sondernutzungssatzung und erließ neue Tarife. Danach können Betreiber von E-Scooter-Verleihsystemen mit Gebühren von 85 bis 130 Euro pro E-Tretroller und Jahr belegt werden. Auf Basis der neuen Satzung setzte die Stadtverwaltung Ende Juli gegen die vor Ort aktiven Anbieter Gebühren in Höhe von bis zu 450.000 Euro fest. Sie begründete dies unter anderem damit, dass von ordnungswidrig auf Fuß- und Radwegen abgestellten E-Scootern erhebliche Beeinträchtigungen für die Allgemeinheit ausgingen.

Die Verleiher Bolt, LimeBike, Tier und Voi erhoben daraufhin Ende August Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. Tier stellte zusätzlich einen Eilantrag (Az.: 21 K 4871/22, 21 K 4874/22, 21 K 4923/22, 21 K 5019/22, 21 L 1439/22). Die Firmen machten geltend, dass die Gebühren praktisch dazu führten, das Angebot von E-Scootern im Stadtgebiet zu verhindern. Dies widerspreche dem Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz (FaNaG NRW). Ferner seien die Gebühren unverhältnismäßig hoch im Vergleich zu denen für Leihfahrräder und Carsharing-Angeboten.

Das Gericht sah es anders. Ihm zufolge tragen die Gebühren dem Umstand Rechnung, dass es infolge der Verleihsysteme immer wieder zu Behinderungen auf Fuß- und Radwegen durch nicht ordnungsgemäß abgestellte oder umgefallene E-Scooter komme. Bei Leihfahrrädern, deren Angebot in den vergangenen zwei Jahren etwa aufgrund anderer Auflagen und mangelnder finanzieller Nachhaltigkeit deutlich schrumpfte, sei dies seltener der Fall. Zudem leisteten sowohl Bike- als auch Carsharing-Firmen einen größeren Beitrag zur Reduzierung des individuellen Autoverkehrs als E-Scooter. Die Zusatzkosten führten auch nicht dazu, dass jegliche Form des E-Scooter-Verleihs unwirtschaftlich werde. Das FaNaG NRW diene zudem nicht dem Zweck, spezifische Geschäftsmodelle wie das der Kläger zu schützen.

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Die Beteiligten können – und werden voraussichtlich – gegen die Urteile und den Eilbeschluss in die Berufung gehen beziehungsweise Beschwerde einlegen, über die dann jeweils das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden müsste. Die Auseinandersetzung dürfte auch in Städten wie Düsseldorf, Münster, Brühl, Frankfurt oder Tübingen, die ähnliche Gebühren bereits eingeführt haben oder dies tun wollen, genau beobachtet werden. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hatte 2020 noch die Ansicht vertreten, die Tendenz in der rechtlichen Betrachtung des "Free Float"-Modells der Scooter-Verleiher ohne feste Stationen gehe "wohl hin zu einer Einordnung" als Teil des erlaubnisfreien Gemeingebrauchs. Demnach werde hier die öffentliche Straße zu legitimen Verkehrszwecken in Anspruch genommen, sodass keine Sondernutzung vorläge.

(mki)