E-Sport-Endausscheidungen in Köln

Ungewohntes Programm im Kölner Gürzenich: Wo sonst Karnevalssitzungen und Uhrenmessen stattfinden, tummeln sich an diesem Wochenende die Computerspieler.

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Von
  • Torsten Kleinz

Ungewohntes Programm im Kölner Gürzenich: Wo sonst Karnevalssitzungen und Uhrenmessen stattfinden, tummeln sich an diesem Wochenende die Computerspieler. In Köln finden derzeit die Finalspiele der Electronic Sport League (ESL) statt. Insgesamt 69 Spieler konkurrieren in sechs Disziplinen um Preisgelder in Höhe von 165.000 Euro.

Der Veranstalter versucht den E-Sport als Zuschauersport zu etablieren. Zwar werden die meisten Entscheidungen in den verschiedenen Ligen zu Hause vor dem Computer ausgefochten, regelmäßig müssen die Teams aber zum Live-Match antreten. In dieser Saison haben sich mehr als 10.000 Zuschauer diese Spiele angesehen, die quer durch Deutschland ausgetragen werden. "Im Vergleich zur letzten Saison ist das eine Steigerung von 60 Prozent", freut sich Liga-Sprecher Ibrahim Mazari. Zu den Endausscheidungen kamen am Freitag 1400, am Samstag 1600 Zuschauer - für die Finalspiele heute werden knapp 2000 Spielbegeisterte erwartet.

Dabei könne die meisten Zuschauer das Geschehen nicht unmittelbar verfolgen. Die Spiele finden meist in separaten Game-Rooms statt. Bei Spielen wie Counterstrike könnten die Teams sonst etwas von den Strategiebesprechungen der Gegner mitbekommen und von den Zuschauern gestört werden. Immerhin wird in den Game-Rooms in dieser Saison zum ersten Mal ein kleines Zuschauer-Kontigent zugelassen. Auf kleinen Tribünen drängen sich 30 bis 40 Fans. Sie können verfolgen, wie sich die Teams untereinander abstimmen und das Spiel aus der Perspektive der Spieler miterleben, müssen sich aber mit Zwischenrufen zurückhalten, um die Konzentration der Spieler nicht zu stören.

Im großen Veranstaltungssaal werden die Spiele unterdessen aus beiden Perspektiven gezeigt. Moderatoren kommentieren den Spielverlauf live auf der Bühne, bei den Top-Parteien drängen sich hier über 800 Spielbegeisterte. Dabei kommt durchaus – wenn auch etwas verhalten – Stadion-Atmosphäre auf. Zusätzlich wird das Spielgeschehen überall im Gebäude übertragen.

Die Veranstalter orientieren sich an der etablierten Sport-Berichterstattung. Der Kommentar zu einem Warcraft3-Spiel könnte durchaus zu einem Fußballspiel zwischen Orks und Menschen passen. Die Orientierung am Fernsehsport wundert nicht: ESL-Veranstalter Turtle Entertainment ist an dem Spiele-Kanal Giga beteiligt. Abonnenten des Pay-TV-Kanals Giga2 können sich Spiele und Kommentare zu Hause live ansehen, im Free-TV landet nur eine Zusammenfassung der Ereignisse. Ansonsten verbleibt das Internet: Insgesamt 130 Online-Journalisten sind angereist, um auf zahlreichen Fan- und Clan-Seiten Spielberichte, Interviews und Kommentare zu posten. Dazu gibt es Spiel-Mitschnitte, die Zuschauer herunterladen können, um Partien nachträglich aus allen Perspektiven anzusehen. Laut Veranstalter wurden diese "Demos" in der vergangenen Saison insgesamt 200.000 Mal heruntergeladen.

Aus sportlicher Sicht entwickelt sich das Turnier in den verschiedenen Disziplinen durchaus spannend. So musste sich der sechsfache deutsche Meister im Spiel Warcraft 3 Daniel 'miou' Holthuis in seinem ersten Match unerwartet geschlagen geben, konnte aber danach wieder punkten und spielt heute wieder um die Meisterschaft. Besondere Aufmerksamkeit erhielt das Counter-Strike-Match zwischen den Favoriten und Erzrivalen Mousesports gegen Attax, bei dem sich das Werksteam des Computerversenders Alternate mit 16 zu 5 Punkte geschlagen geben. Im heutigen Finale wird sich die gleiche Begegnung wiederholen.

In der Disziplin Fifa07 gab es weniger Überraschungen. Wie erwartet zog das Team SK-Gaming um die Brüder Schellhaase in das Finale ein, und muss dort gegen das Team des Clan Mtw antreten. Auf weniger Zuschauerinteresse stießen die Ausscheidungen im Rennspiel Live for Speed und einer Online-Poker-Meisterschaft.

Gerade das virtuelle Fußball-Spiel scheint dem E-Sport zu unerwarteter Anerkennung zu verhelfen. So kündigte der Veranstalter an, dass Sportartikel-Hersteller Adidas in der nächsten Saison die Liga sponsorn will. Bisher hatte der Konzern nur ein Team mit Trikots ausgestattet – wie auch der Konkurrent Puma. (Torsten Kleinz) (as)