EM.TV: Eine ehemalige Erfolgsgeschichte des Neuen Markts vor Gericht

Der Prozess gegen EM.TV-Gründer Thomas Haffa und seinen Bruder Florian hat unter großem Besucherandrang vor dem Münchner Landgericht begonnen.

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Von
  • Axel Höpner
  • dpa

Der Prozess gegen EM.TV-Gründer Thomas Haffa und seinen Bruder Florian hat unter großem Besucherandrang vor dem Münchner Landgericht begonnen. Es ist der erste Strafprozess gegen Manager des Neuen Marktes -- und der (vorläufige) Schlusspunkt unter eine der großen Geschichten aus der Hochzeit der New Economy.

Denn in den Träumen von Thomas Haffa sollte die Medienfirma EM.TV einmal größer werden als der US-Riese Disney. In der Euphorie der New Economy glaubten es ihm die Anleger. Haffa müsse unbedingt sein Erfolgsgeheimnis in einem Buch niederschreiben, damit andere davon profitieren könnten, forderte ein Kleinaktionär einst unter dem frenetischen Beifall seiner Kollegen auf einer EM.TV-Hauptversammlung. Inzwischen gilt Haffa als Buhmann, der für den Aufstieg und den Verfall des Neuen Markts steht. Seit Montag muss er sich gemeinsam mit seinem Bruder Florian wegen des Verdachts des Kursbetrugs vor dem Münchner Landgericht verantworten.

Der 50-jährige Sohn eines Landmaschinenhändlers gilt als begnadeter Verkäufer. Nach einer Lehre bei BMW verkaufte Haffa Schreibmaschinen für IBM, als ihn Leo Kirch 1979 in seine Gruppe holte. Dort baute er das Video-Geschäft auf. 1989 machte sich Haffa selbstständig, gründete EM.TV und baute einen umfangreichen Programmstock für Kinder- und Jugendsendungen auf, unter anderem mit den Trickfilmserien Familie Feuerstein und Die Schlümpfe.

Im Erfolg galt Haffa als Sunny-Boy. Braun gebrannt kreuzte er mit der eigenen Yacht übers Meer und gab große Partys. Schlecht gelaunt wurde Haffa nur, wenn er Missgunst witterte. Wer in Deutschland Erfolg habe, habe zu viele Neider, klagte er. Mit dem Verkauf von EM.TV-Anteilen dürfte Haffa ein Vermögen gemacht haben.

Sein Talent als Verkäufer habe Haffa bei den zahlreichen Akquisitionen eher geschadet, sagte einmal einer, der ihn kannte. Denn statt das Übernahmeobjekt madig zu machen, um den Preis zu drücken, sei Haffa schon bei den Verhandlungen ins Schwärmen geraten. Das Ergebnis waren Mondpreise, die EM.TV beispielsweise für den Muppetshow-Produzenten Jim Henson (knapp 700 Millionen Euro) und für die Hälfte an der Formel 1 (1,5 Milliarden Euro) bezahlte.

Die viel zu teuren Einkäufe ließen das Kartenhaus EM.TV einstürzen. Abschreibungen und Probleme im operativen Geschäft führten zu hohen Verlusten. Bis zuletzt beteuerte Haffa: "Der Traum ist nicht vorbei." Er habe die Kraft für den Neuanfang. Kurz vor einer Hauptversammlung, auf der er mit wütendem Aktionärsprotest rechnen musste, trat er dann aber doch im Sommer 2001 zurück. In der Öffentlichkeit war er seither kaum noch zu sehen. (Axel Höpner, dpa) / (jk)