EU-Forum für "Rechte der Kinder" und gegen Kinderpornographie gestartet
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und EU-Justizkommisar Franco Frattini haben ein "Forum für die Rechte der Kinder" ins Leben gerufen, um etwa gegen "letzte Häfen" des Austauschs kinderpornographischen Materials vorzugehen.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und EU-Justizkommisar Franco Frattini haben am heutigen Montag ein "Forum für die Rechte der Kinder" im Rahmen einer internationalen Konferenz in Berlin ins Leben gerufen. Auf der Plattform sollen alle Interessensvertreter im Kampf gegen Kindesmissbrauch einschließlich Vereinigungen der Zivilgesellschaft sowie Jugendlicher selbst zusammengeführt werden. Eines der Ziele ist es laut Frattini, besser gegen "letzte Häfen" des Austauschs kinderpornographischen Materials im Internet vorzugehen und eine umfassende Strategie gegen Kinderpornographie auszuarbeiten.
Die Auftaktveranstaltung für das Forum, das künftig in allen EU-Mitgliedsstaaten tagen soll, widmete sich der Rolle der Justiz beim Kinderschutz. Akuten Handlungsbedarf sieht Zypries hier nicht. "Wir haben die Strafvorschriften gegen sexuellen Missbrauch von Kindern in den letzten Jahren mehrfach erheblich verschärft", erklärte sie. Sowohl die Mindest- als auch die Höchststrafen seien deutlich angehoben worden. In Folge hätten die Gerichte auch "höhere Strafmaße ausgeworfen". Es müsse aber immer wieder geprüft werden, "ob nicht neue Gefahren für unsere Kinder entstehen, auf die wir reagieren müssen". So habe die Kinderpornographie aufgrund des Internet in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen, obwohl hierzulande die Herstellung, Verbreitung und der Besitz strafbar seien.
Sorgenvoll blickte die SPD-Politikerin in diesem Zusammenhang auf "vermeintlich harmlose Entwicklungen wie etwa die Welt des Second Life". Dort würden Erwachsene Kindergestalten annehmen und diese anderen volljährigen Spielern als virtuelle Sexpartner zur Verfügung stellen. "Auch diese virtuelle Internet-Pornographie ist manchmal nur eine Vorstufe für einen tatsächlichen sexuellen Missbrauch", warnte Zypries. Man müsse auch davon ausgehen, dass Kindesmissbrauch im Internet die Hemmschwelle absenke für Missbrauch in der wirklichen Welt. Eine rechtliche Lücke sieht Zypries aber auch mit virtuellen 3D-Gemeinschaften nicht gegeben: "Wir haben das Strafrecht schon ergänzt und neben der tatsächlichen Abbildung auch virtuelle Figuren, die menschenähnlich aussehen, mit aufgenommen." Jetzt geht jetzt darum, "praktisch der Leute habhaft zu werden".
Auch auf "Killerspiele" kam die Ministerin zu sprechen. Sie kündigte an, in der kommenden Woche das Ergebnis einer umfangreichen europaweiten Abfrage zur Rechtslage und Rechtspraxis zur Bekämpfung gewalthaltiger Computerspiele vorzustellen. Vorab verriet sie bereits, dass laut der Bestandsaufnahme trotz vieler Unterschiede im Detail alle Staaten das gemeinsame Ziel hätten, junge Menschen wirksam vor Gewaltdarstellungen und gewaltverherrlichenden Medien zu schützen. Sie halte es nun für sinnvoll, "eine europaweite Liste verbotener Medien zu erstellen, die keinesfalls in Kinderhände gehören". Es gehe dagegen nicht darum, "gleich die gesetzlichen Bestimmungen EU-weit zu vereinheitlichen".
Frattini sprach ebenfalls von einem "Problem der richtigen Implementierung" der bestehenden Gesetzgebung, nicht von der Notwendigkeit der Schaffung weiterer Rahmenwerke. Diese könnten höchstens am Ende der Arbeit des Forums stehen. Gleichzeitig forderte er die Hilfe von Kreditkartenfirmen ein, um Nutzer ausfindig zu machen, die kinderpornographisches Material über das Internet kaufen. Hierzulande ließen Fahnder des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt und der Staatsanwaltschaft Halle im Rahmen der im Januar bekannt gewordenen Operation "Mikado" 22 Millionen deutsche Kreditkarteninhaber durch die Kreditkartenunternehmen auf die Überweisung eines speziellen Geldbetrags überprüfen. Das Landgericht Halle hat Beschwerden gegen diese Form der "Rasterfahndung" gerade zurückgewiesen.
Zypries hat nach eigenen Angaben "keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn man Straftäter sucht und weiß, dass Geld von Kreditkarten abgebucht worden ist". Es sei wie bei der umstrittenen geplanten verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung. Auch da werde die Staatsanwaltschaft ganz konkret anfordern, "wo hat wer mit wem an einem Anschluss telefoniert". Nur diese Informationen würden dann rausgesucht, aber niemand unter einen Generalverdacht gestellt. So sei es auch bei der Kreditkartensuche. Dabei habe es sich um ein gezieltes Vorgehen im Rahmen einer "völlig normalen Strafverfolgung" gehandelt. Die Staatsanwaltschaft verlange die entsprechenden Daten, und dafür gebe es dann auch einen richterlichen Beschluss. (Stefan Krempl) / (jk)