EU-Kartellverfahren: Microsoft schaltet US-Gerichte ein

Der Software-Multi will beweisen, dass es "unangemessene" Kontakte zwischen der EU-Kommission, dem technischen Bevollmächtigten und Microsoft-Konkurrenten gab.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Im Streit um die Erfüllung von Produktauflagen, die von der EU-Kommission wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung verhängt wurden, hat Microsoft jetzt US-amerikanische Gerichte eingeschaltet. Der Software-Multi will Sun, IBM, Oracle und Novell gerichtlich dazu zwingen, interne Gesprächsprotokolle auszuhändigen: Die sollen belegen, dass die Brüsseler Behörde "unangemessene" Kontakte zwischen dem zur Überprüfung der Auflagenerfüllung eingesetzten technischen Bevollmächtigten und Firmen, die in Konkurrenz zu Microsoft stehen, begünstigt habe.

Entsprechende Vorwürfe hatte Microsoft in der vergangenen Woche in einem an die EU-Kommission gerichteten Brief geäußert und darin die Neutralität der Wettbewerbshüter angezweifelt. "Die Kommission und der Bevollmächtigte können ihren Neutralitätsverpflichtungen nicht nachkommen, wenn sie heimlich mit Gegnern von Microsoft zusammenarbeiten", formulierte der Konzern in dem Schreiben. Die vom technischen Bevollmächtigten vorgelegten Prüfergebnisse seien womöglich nicht unabhängig ermittelt worden, sondern unter Mitarbeit von Microsoft-Konkurrenten entstanden.

Die EU-Kommission hatte den Software-Giganten vor rund zwei Jahren zu einer Rekord-Strafe von knapp 500 Millionen Euro und zur Öffnung von Windows für Wettbewerber verurteilt. Im Dezember hatte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes tägliche Zwangsgelder von bis zu zwei Millionen Euro angedroht, sollte der Konzern die geforderten technischen Angaben nicht vollständig liefern. Der technische Bevollmächtigte Neil Barrett, ein Informatikprofessor aus Großbritannien, war in seinem Prüfbericht zu dem Ergebnis gekommen, dass Microsoft der Forderung nach Offenlegung von Windows-Schnittstellen nicht ausreichend nachkommt.

Mit den bei Gerichten in New York, Massachusetts und Kalifornien eingereichten Klagen, die sich gegen Sun Microsystems, IBM, Oracle und Novell richten, will Microsoft nun Einsicht in "wichtige Dokumente" erlangen, die dem Konzern eigenen Angaben zufolge bislang vorenthalten wurden. Konkret soll es sich um Protokolle von Gesprächen handeln, die im Herbst 2005 zwischen der Kommission, dem technischen Bevollmächtigten sowie Vertretern der vier benannten US-Unternehmen geführt wurden. Die EU-Kommission wird voraussichtlich Ende März darüber entscheiden, ob sie gegen den Konzern tägliche Bußgelder verhängt oder nicht. (pmz)