EU-Kommissarin: "Problem des Internetzugangs ist gelöst"

Die EU-Kommission hat den "Fortschrittsanzeiger 2014" zur Digitalen Agenda vorgestellt. Demnach können mittlerweile alle Europäer breitbandig in der ein oder anderen Form ins Netz, 20 Prozent sind aber noch internetabstinent.

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Neelie Kroes, die für die Digitale Agenda zuständige EU-Kommissarin, ist hocherfreut angesichts neuer Daten zur Umsetzung der Brüsseler Digitalziele. "Das Problem des Internetzugangs haben wir gelöst", sagte die Niederländerin am Mittwoch in Brüssel zur Präsentation des "Fortschrittsanzeigers 2014" zu ihrer Digital-Agenda. Insgesamt befinde sich die Kommission auf bestem Wege, 95 der darin abgesteckten 101 Vorgaben bis 2015 zu erreichen.

Internetnutzung im EU-Ländervergleich

(Bild: EU-Kommission)

Anlass zur Sorge ist für Kroes aber noch, dass eine "digitale Kompetenzlücke" fortbestehe. In Europa drohe nach wie vor, eine "Unterschicht der digitalen Analphabeten zu entstehen". Grund für die Befürchtung: Der Anteil der Menschen, die das Internet mindestens einmal pro Woche nutzen, ist in den Mitgliedsstaaten zwar seit 2010 von 60 auf 72 Prozent gestiegen. An der Spitze mit über 90 Prozent Onlinern stehen dabei Dänemark, Schweden, die Niederlande und Luxemburg. 20 Prozent der Europäer gehören aber noch immer zu den mehr oder weniger bekennenden Offlinern. Das sind zwar ein Drittel weniger als vor vier Jahren, zuletzt hat sich die Quote der Onliner aber kaum mehr erhöht.

Die Internetnutzung durch Arbeitslose, Menschen mit geringer Bildung und ältere Bürger stieg in den vergangenen vier Jahren immerhin von 41 auf 57 Prozent. Wenn die Entwicklung anhält, kann das Ziel von 60 Prozent in diesen Bevölkerungsschichten nach Ansicht der Kommission sogar schon vor 2015 erreicht werden.

Eine "grundlegende Breitbandversorgung" jenseits von Modems mit weniger als 2 MBit/s sieht die Kommission in ganz Europa durchschnittlich zu 100 Prozent gesichert. Zumindest stehe allen Europäern eine "erschwingliche Zugangsmöglichkeit zu einem breitbandigen Satellitendienst zur Verfügung", heißt es. Vor allem in ländlichen Gebieten fehlten aber noch "schnelle Breitbandverbindungen", die bei der Kommission bei 30 MBit/s losgehen, "um den Datenhunger zu stillen". Viele EU-Bürger könnten jedoch wählen zwischen Glasfaser, TV-Kabel, DSL oder UMTS beziehungsweise LTE.

Bei der 4G-Mobilfunk-Breitbandversorgung meldet Brüssel einen "steilen Anstieg" auf 59 Prozent gegenüber 26 Prozent im Vorjahr. Festnetz-Internetanschlüsse mit mindestens 30 MBit/s stehen 62 Prozent der EU-Bevölkerung zur Verfügung, 2013 erreichten sie erst 54 Prozent. In Belgien, Dänemark, Großbritannien Litauen, Luxemburg, Malta und den Niederlanden haben schon mindestens 90 Prozent der Haushalte derart breitbandige Verbindungen.

Deutschland liegt im Breitbandbereich unter dem EU-Durchschnitt: 95 Prozent der hiesigen Haushalte haben der Statistik zufolge Zugang zu "Breitbandanschlüssen", wenn darunter auch Verbindungen unter 2 MBit/s gefasst werden. Nur 16 Prozent können mit 30 MBit/s online gehen, bis zu 100 MBit/s stehen 3 Prozent der Bevölkerung zur Verfügung. 88 Prozent der deutschen Haushalte haben tatsächlich einen Internetzugang, 80 Prozent nutzen ihn regelmäßig. Die Zahl der Nonliner liegt bei 13 Prozent. In diesen drei Punkten steht die Bundesrepublik besser da als die gesamte EU.

Die Kommission hat auch ihren jährlichen E-Government-Vergleichsbericht herausgegeben. Demnach sind die EU-Bürger immer noch wesentlich zufriedener mit privaten Internet-Angeboten wie Online-Banking als mit öffentlichen Dienstleistungen im Web. Es gebe zwar immer mehr elektronische Behördendienste, diese seien aber teils schwer zu benutzen und bisweilen zu langsam oder nicht transparent genug. Nur 42 Prozent der Bevölkerung hätten sie 2013 im EU-Durchschnitt genutzt, was sogar eine rückläufige Tendenz gegenüber dem Vorjahr aufzeigt. Die Marke von 50 Prozent bis 2015 werde so wohl verfehlt.

Auch der Mittelstand verpasst den Zahlen nach Chancen im Netz: Nur 14 Prozent kleiner und mittlerer Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten hat einen eigenen Online-Vertrieb. Nicht ein einziges EU-Land kommt so auch nur in die Nähe der angestrebten Quote von 33 Prozent bis 2015. (anw)