EU-Kommission: Telekom & Co. spielen fair beim Datendurchleiten

Die EU-Kommission hat ihre viel beachtete Untersuchung der Praktiken der Deutschen Telekom, der Telefónica und des französischen Providers Orange zum Zusammenschalten von Netzen zunächst mit einem "Freispruch" beendet.

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Die Verdachtsmomente der EU-Kommission auf Schmu beim Austausch von Datenpaketen zwischen Inhalte- und Zugangsanbietern bei mehreren großen europäischen Telekommunikationsanbietern haben sich nicht bestätigt. Eine einschlägige Überprüfung haben die Kontrolleure der Brüsseler Regierungseinrichtung eigenen Angaben zufolge jetzt mit der "vorläufigen Überzeugung" beendet, dass die "beobachteten Praktiken offenbar keinen Bruch des EU-Kartellrechts darstellen".

Es seien keinen hinreichenden Beweise gefunden worden, dass die begutachteten Telcos Wettbewerber entweder vom "Transitmarkt" oder von Inhalteangeboten ausgeschlossen hätten, heißt es in Brüssel weiter. Datenverkehr sei in Engpässen nicht zum Vorteil eigener Content-Offerten wie des Videodienstes Entertain der Deutschen Telekom bevorzugt worden.

Die Kommission hatte im Juli vergangenen Jahres überraschend Razzien beim Rosa Riesen, dem französischen Platzhirschen Orange (früher France Télécom) und der spanischen Telefónica durchgeführt. Dabei ging es um möglichen Missbrauch marktbeherrschender Positionen beim sogenannten Peering, dem Austausch großer Datenmengen aus Backbone-Verbindungen an Netzknoten.

Zuvor hatte sich unter anderem der US-Netzbetreiber Cogent an Brüssel gewandt, über den ein Großteil des YouTube-Datenverkehrs läuft. Er moniert seit Längerem, dass große Zugangsprovider Inhalteanbieter dazu zwingen wollten, Zugang zu ihren Netzen zu kaufen und fürs Peering gesondert zu zahlen. Jüngst beschwerte sich auch der US-Backbone-Betreiber Level 3, dass die Telekom und vergleichbare Größen im Endkundengeschäft Engpässe bei Video-Streams im Grunde billigend in Kauf nähmen.

Die Bonner halten dagegen, dass ein kostenloses Zusammenschalten von Netzen ein Mythos sei. Wer deutlich mehr Datenvolumen ins Netz des Partners übergibt als andersherum, sollte auch mehr für den Ausbau der nötigen Kapazitäten zahlen. Mit der Netzneutralität im engeren Sinne habe dies nichts zu tun. Die Telekom ist als einziger der zehn großen Anbieter hierzulande, die zusammen 98 Prozent der Internetzugänge bereitstellen, nicht am zentralen Frankfurter Netzknoten De-Cix angeschlossen. Stattdessen organisiert sie den Transport ihres Datenverkehrs im Rahmen eigener Peeringabkommen direkt mit anderen Netzbetreibern.

Die Kommission trägt diese Haltung offenbar mit. Wenn es für das Durchleiten von Daten keine kommerziellen Vereinbarungen zwischen Telcos und Drittparteien gebe, könnte das den Effekt haben, dass der Verkehr auf gewissen Routen in Staus steckenbleibe beim Übergang in inländische Netzwerke, halten die Brüsseler Wettbewerbshüter fest. Eine mindere Servicequalität sei in diesem Fall nicht auszuschließen. Man werde den Sektor aber weiter genau im Auge behalten.

Die Konflikte rund ums Peering dürften sich mit dem Start des US-Streaminghauses Netflix in mehreren europäischen Ländern einschließlich Deutschlands im September noch verschärfen. Der Videodienst hat in seinem Heimatmarkt unter anderem mit dem Kabelgiganten Comcast und dem Telekommunikationsbetreiber Verizon bereits Verträge über bessere Datenleitungen und einen direkten Anschluss an deren Netze abgeschlossen. Trotzdem kommt es hin und wieder zu Problemen mit Ruckelvideos.

Die US-Regulierungsbehörde, die Federal Communications Commission (FCC), hatte sich zunächst wie Brüssel auf den Standpunkt gestellt, dass dies alles keine Frage der Netzneutralität sei. Nach zahlreichen Verbraucherbeschwerden untersucht sie die Deals seit Juni nun aber doch genauer. (keh)